Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat entschieden, die Kernfrage der von 11.139 BürgerInnen über den Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AKVorrat) eingebrachten Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung (VDS) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen. Damit schließt er sich den Zweifeln an der Vereinbarkeit der Vorratsdatenspeicherung mit den europäischen Grundrechten an - ein bedeutender Etappensieg auf dem Weg zur Beseitigung der VDS in Österreich (und Europa)!

[Wien 18. 12. 2012] Die Beschwerde wurde vom AKVorrat und dem grünen Justizsprecher Albert Steinhauser organisiert. Mit deren Unterstützung haben 11.139 Personen im Juni dieses Jahres einen Antrag gegen die Vorratsdatenspeicherung eingebracht. Die Argumente in der Beschwerde haben beim Höchstgericht der Republik Österreich Bedenken ausgelöst, dass die VDS mit dem Grundrecht auf Privatsphäre sowie mit anderen in der EU‐Grundrechtecharta und der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Grundrechten nicht vereinbar ist. Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat sich nun entschieden, diese Frage an den Europäischen Gerichtshof weiterzuleiten.

"Die Vorratsdatenspeicherung betrifft fast ausschließlich Personen, die keinen Anlass für die Datenspeicherung gegeben haben. Die Behörden ermitteln ihre Daten und sind über das private Verhalten solcher Personen informiert. Dazu kommt das erhöhte Risiko des Missbrauchs", erklärt VfGH‐Präsident Gerhart Holzinger zu den Bedenken. "Wir haben Zweifel daran, dass die EU‐Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit den Rechten, die durch die EU‐Grundrechtecharta garantiert werden, wirklich vereinbar ist" (Presseinformation des VfGH vom 18.12.2012).

"Die Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union war einer der wesentlichen Punkte unseres Individual-Antrags", erläutert Christof Tschohl vom AKVorrat. "Sollte der EuGH entscheiden, dass die Richtlinie nicht mit der Europäischen Grundrechtecharta vereinbar ist, tritt sie außer Kraft. Es liegt in der Kompetenz des EuGH, dies mit Wirkung für die gesamte EU auszusprechen." Zufrieden zeigt sich auch Andreas Krisch, Obmann des AKVorrat, bedauert dabei aber "Schade ist, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht bereits vorläufig außer Kraft gesetzt werden konnte".

Insgesamt ist der Beschluss des VfGH ein sehr erfreulicher und ein wichtiger Schritt im Sinne jenes Rechtsschutzes, den wir mit unserem Antrag begehren. Der Beschluss nimmt zwar die endgültige Beurteilung nicht vorweg, er zeigt aber deutlich, dass die im Antrag formulierten rechtsstaatlichen Zweifel an der Vorratsdatenspeicherung auch für das Höchstgericht nachvollziehbar sind. Diese Tatsache sollte der Politik schon jetzt eine Orientierung dafür geben, dass eine weitere Ausdehnung der flächendeckenden Überwachungsmaßnahmen jedenfalls die Grenzen der Verfassung überschreitet.

Der Beschuss des VfGH steht zur Verfügung unter www.verfassungsklage.at/public/files/vorratdatenspeicherung_vorlage_eugh_g47-12.pdf

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