Am Donnerstag, den 31.05. wird der parlamentarische Petitionsausschuss erneut die Bürgerinitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" diskutieren. Als 39. von 39 Tagesordnungspunkten. Im Schnitt stehen dem Ausschuss dafür durchschnittlich 4,6 Minuten zur Verfügung. Dabei würde sich eine eingehende Behandlung der Stellungnahmen der Ministerien durchaus lohnen. Diese sind weitgehend glatte Themenverfehlungen.

 

Am Donnerstag, den 31.05. wird der parlamentarische Petitionsausschuss erneut die Bürgerinitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" diskutieren. Als 39. von 39 Tagesordnungspunkten. Im Schnitt stehen dem Ausschuss dafür durchschnittlich 4,6 Minuten zur Verfügung. Dabei würde sich eine eingehende Behandlung der Stellungnahmen der Ministerien durchaus lohnen. Diese sind weitgehend glatte Themenverfehlungen. Im Dezember 2011 hat der AKVorrat dem Parlament die Bürgerinitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" überreicht. Diese Bürgerinitiative fordert, dass sich Österreich auf EU-Ebene aktiv gegen die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung einsetzen soll. Darüber hinaus soll der Nationalrat sämtliche österreichischen Überwachungsgesetze auf ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit hin evaluieren und gegebenenfalls abschaffen. 105.954 Menschen haben sich diesen Forderungen bisher angeschlossen und die Bürgerinitiative unterstützt. Am 12. März 2012 hat sich der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen des Parlaments erstmals für wenige Minuten mit unserem Anliegen beschäftigt und beschlossen, von mehreren Ministerien (BM f. Inneres, BM f. Justiz, BM f Verkehr, Innovation und Technologie) sowie dem Bundeskanzleramt Stellungnahmen einzuholen. Diese Stellungnahmen sind inzwischen von der Webseite des Parlaments abrufbar und unverschämt aussagelos. Das Innenministerium erläutert auf drei Seiten die österreichische Rechtslage zur Vorratsdatenspeicherung, soweit diese dessen Wirkungsbereich betrifft. Die österreichische Rechtslage zur Vorratsdatenspeicherung ist jedoch – wie oben erläutert – nicht Gegenstand der Bürgerinitiative. Den Inhalt der Bürgerinitiative – EU Richtlinie und Evaluierung der Überwachungsgesetze – ignoriert das Innenministerium. Eine Themenverfehlung also. Auch das Justizministerium führt in seiner Stellungnahme auf zwei von drei Seiten die österreichische Rechtslage aus, auf eine Evaluierung der Überwachungsgesetze wird nicht eingegangen. Auf der letzten Seite findet sich dann noch ein einziger Absatz, der auf den methodisch wie inhaltlich äußerst mangelhaften Evaluierungsbericht der EU Kommission vom April des Vorjahres verweist. Mit dem aktuellen Diskussionsstand auf europäischer Ebene hat dieser Bericht allerdings nur mehr sehr wenig bis gar nichts zu tun. Also ebenfalls eine Themenverfehlung. Selbst die für dieses Dossier zuständige Kommissarin Malmström hat in Beantwortung unseres offenen Briefes längst eingeräumt, dass sowohl die Speicherdauern als auch der Umfang der gespeicherten Daten reduziert werden muss. Darüber hinaus schreibt sie auch nur mehr von einem nützlichen, nicht aber einem notwendigen Mittel der Verbrechensbekämpfung. Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit werden jedoch von der Europäischen Menschenrechskonvention als zwingende Voraussetzungen für derartige Grundrechtseingriffe verlangt. Die wahre Bedeutung dieser Themenverfehlungen von BMI und BMJ wird aber erst bei Lektüre der Stellungnahme des BMVIT in seiner vollen Tragweite offenbar. Auch das BMVIT behandelt in seiner Stellungnahme überwiegend die österreichische Rechtslage und geht mit keinem Wort auf eine mögliche Evaluierung bestehender Gesetze ein. Der letzte Absatz dieser Stellungnahme ist jedoch aufschlussreich: "Weiters wird das bmvit selbstverständlich die Diskussionen auf der europäischen Ebene genau beobachten und weiterhin für die Wahrung der Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eintreten, wobei die Verhandlungen über die Richtlinie auf europäischer Ebene von BMI respektive BMJ wahrgenommen werden." Ausgerechnet die Ministerien also, die auf EU Ebene für Österreich die Verhandlungen führen und dem Parlament genaue Auskunft über die dort vertretenen Positionen geben müssten, liefern statt fundierter Stellungnahmen glatte Leermeldungen ohne inhaltlichen Nutzwert ab. Dies lässt im Wesentlichen zwei Interpretationen zu: Entweder hat man in diesen Ministerien den Text unserer Bürgerinitiative nicht gelesen (es handelt sich immerhin um eine ganze Seite). Oder man hat es bewusst vorgezogen das Parlament und die knapp 106.000 UnterstützerInnen unserer Bürgerinitiative über die Positionen im Unklaren zu lassen, die diese Ministerien auf EU Ebene im Namen für Österreichs vertreten. In beiden Fällen ist dies eine äußerst empörende Vorgangsweise. Positiv zu erwähnen ist hingegen die Stellungnahme des Bundeskanzleramts, das seine stets "kritisch-ablehnende Haltung" zur Vorratsdatenspeicherung betont. Sollte der EuGH eine Unvereinbarkeit mit der EU-Grundrechte-Charta feststellen "wäre auch innerstaatlich der Weg frei für eine Anpassung der Rechtslage". Diese positive Grundhaltung des BKA reicht zur Beantwortung unserer Bürgerinitiative noch nicht ganz aus. Vielmehr geht es darum, das politische Mitgestaltungsrecht Österreichs auf EU Ebene aktiv zu nutzen und – etwa in Zusammenarbeit mit der deutschen Justizministerin – auf eine Abschaffung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zu dringen. Am kommenden Donnerstag wird der parlamentarische Petitionsausschuss über die eingelangten Stellungnahmen und unsere Bürgerinitiative beraten. Rechnerisch stehen dafür 4,6 Minuten zur Verfügung. 4,6 Minuten um über ein Anliegen von 106.000 Menschen zu befinden. Wir erwarten von den Mitgliedern des Ausschusses, dass sie die ausweichenden Stellungnahmen von BMI und BMJ mit klaren Worten zurückweisen und Aufklärung über den Stand der Verhandlungen und die österreichischen Positionen auf EU Ebene verlangen. Von den Ministerien sind Stellungnahmen zum Gegenstand der Bürgerinitiative, und insbesondere auch zur Evaluierung der Überwachungsgesetze, zu fordern. Mehr als fünf Monate ist es nun bereits her, dass wir die Bürgerinitiative dem Parlament übergeben haben. Mit Nutzung der erst kürzlich vom Parlament geschaffenen Mittel zur direkten Bürgerbeteiligung haben mehr als hunderttausend Menschen klar gemacht, wie wichtig unser Anliegen ist. Jetzt muss das Parlament zeigen, dass diese massive Beteiligung Ernst genommen wird. Entsprechend erwarten wir eine ernstzunehmende Möglichkeit, unser Anliegen dem Parlament im Sinne einer direkten Beteiligung am politischen Prozess in Form eines Hearings persönlich näherbringen zu dürfen. Etwas mehr als 4,6 Minuten werden dafür aber schon nötig sein. Es ist an der Zeit, dass die österreichische Politik entsprechend dem Willen der Bevölkerung klar gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgerichtet wird und bestehende Grundrechtseingriffe auf Basis harter Fakten überprüft werden. Österreich entscheidet in der EU aktiv mit. Die EU Richtlinie wird derzeit überarbeitet. Es ist an der österreichischen Politik entsprechende Allianzen zu bilden, um aus dieser Überarbeitung eine Abschaffung zu machen. Unter https://zeichnemit.at/ kann man die Bürgerinitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" nach wie vor unterstützen.

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