Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat im Dezember 2012 dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage der Vereinbarkeit der Vorratsdatenspeicherung (VDS) mit der EU Grundrechte-Charta (GRC) vorgelegt. Im Ausgangsverfahren haben insgesamt 11.139 Personen, organisiert durch den AKVorrat, im Juni 2012 beim VfGH einen Antrag zur Aufhebung der VDS eingebracht (www.verfassungsklage.at). Nun hat der AKVorrat im Namen der AntragstellerInnen fristgerecht bis zum 10. April 2013 eine Stellungnahme beim EuGH in Luxemburg vorgelegt. Der Schriftsatz steht unter http://unurl.org/AKVorratEuGH zum Download bereit.

Die Stellungnahme des AKVorrat im Verfahren vor dem EuGH bringt auf 21 Seiten pointiert die Argumente vor, warum die Garantien der EU Grundrechte-Charta durch die VDS im Sinne der Richtlinie 2006/24/EG verletzt werden. Im Wesentlichen orientiert sich der Schriftsatz am Vorbringen im Antrag an den VfGH, allerdings reduziert auf die rein EU-rechtliche Dimension, da die spezifisch österreichischen Aspekte bei den vorgelegten Fragen keine Rolle spielen.

Im Schreiben wird zunächst dargelegt, warum schon die flächendeckende Speicherung in Grundrechte eingreift und nicht erst eine allfällige Abfrage durch die Sicherheitsbehörden. Konkret bezeichnet werden dabei die Grundrechte gemäß Artikel 7 GRC (Privatleben und Familienleben, Schutz der Kommunikation), Artikel 8 GRC (Grundrecht auf Datenschutz), Artikel 11 GRC (Meinungs- und Informationsfreiheit, Redaktionsgeheimnis), Artikel 12 GRC (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit) sowie Artikel 48 GRC (Unschuldsvermutung im Strafverfahren).

Zusammenfassend erklärt Christof Tschohl vom AKVorrat, Co-Autor und Erstbeschwerdeführer des Antrags an den VfGH: „Wir haben in der Stellungname nochmals auf den Punkt gebracht, warum die VDS gar nicht geeignet ist, die vorgeblichen Ziele der Aufklärung und Verfolgung schwerer Straftaten zu erreichen, warum die VDS außerdem nicht das schonendste Mittel zur Erreichung dieser Ziele ist und schließlich, warum diese Maßnahme keine angemessene Balance zwischen Freiheit und Sicherheit schafft, also nicht verhältnismäßig ist.“ Rechtsanwalt Ewald Scheucher, der die 11.139 AntragstellerInnen vertritt und das Verfahren für den AKVorrat führt, ergänzt dazu: „Über die Vorratsdatenspeicherung wird den Menschen verdachtsunabhängig und „auf Vorrat“ der Missbrauch ihrer Freiheit und ihrer unveräußerlichen Rechte unterstellt. Dieses Paradigma ist mit einer liberalen Grundrechtsordnung unvereinbar.“

Nun liegt die Hoffnung beim EuGH, der mit Wirksamkeit für die gesamte EU klarstellen kann, dass die Vorratsdatenspeicherung den Grundrechten und Grundwerten Europas widerspricht und daher aufzuheben ist. Bis zu einer Entscheidung wird es aber wohl noch zumindest ein Jahr dauern. Die primäre Verantwortung liegt bei den demokratisch gewählten Volksvertretern. Säumig bleibt die Politik aber mit der längst versprochenen Überarbeitung der VDS-Richtlinie. Man will angeblich erst den Ausgang der aktuellen Reform des Datenschutzrechts auf EU-Ebene abwarten. BürgerInnenbeteiligung ist auch hier gefragt – siehe dazu die Initiative https://wirwollendatenschutz.at/.

Die beste Überarbeitung der VDS-Richtlinie wäre jedenfalls deren Abschaffung! Der AKVorrat wird daher seine Aufklärungsarbeit fortsetzen. Schließlich sollten die Grundsätze der Freiheit und Rechtsstaatlichkeit vor allem von einer mündigen Zivilgesellschaft getragen werden und nicht nur davon abhängen, dass einige Richterinnen und Richter alleine einer überschießenden Politik der Sicherheit Grenzen ziehen müssen.

Weitere Informationen:http://unurl.org/AKVorratEuGHhttps://wirwollendatenschutz.at/

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