BVwG: Überfällige Postenbesetzung
Die türkis-grüne Bundesregierung hat über ein Jahr nach der Pensionierung von Dr. Harald Perl als dessen Nachfolger Dr. Christian Filzwieser zum Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts vorgeschlagen. Damit wird die untragbare Situation der lang andauernden interimistischen Leitung endlich beendet.
Gemeinsam mit der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, der Umweltschutzorganisation ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung und der asylpolitischen Plattform asylkoordination österreich haben wir die Regierung deswegen seit Monaten scharf kritisiert und begrüßen das Ende der Besetzungsblockade in einer Presseausendung:
„Es gab nie einen Zweifel an der Fähigkeit der von der Kommission vorgeschlagenen Kandidat:innen. Die ewige Untätigkeit der Regierung hat jedoch den Eindruck erweckt, dass die interimistische Betreuung und die verzögerte Nachbesetzung parteipolitisch motiviert gewesen sein könnten. Diese Farce hat das Vertrauen der Bevölkerung in die unabhängige Justiz enorm beschädigt. Das Vertrauen muss jetzt dringend wieder aufgebaut werden,“ fordert Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, die Verantwortungsträger:innen auf, die Justiz vor parteipolitischem Einfluss zu schützen.
Die derzeitige Regelung sieht vor, dass sich die Regierung auf eine:n der drei Kandidat:innen einigen muss, die von einer gesetzlich bestimmten, hochkarätig besetzten Personalkommission aus Höchstrichter:innen vorgeschlagen werden. Dr. Filzwieser hat bereits viele Jahre die größte Kammer am Bundesverwaltungsgericht geleitet, seine Fachexpertise ist unumstritten.
„In seiner Funktion als Kammervorsitzender hat er stets den Austausch mit Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft gepflegt. Seine langjährige Erfahrung spricht für ihn. Wir trauen ihm zu, den Vertrauensschaden zu reparieren, der durch die Verschleppung der Besetzung dieses wichtigen Amtes angerichtet wurde,“ sagt Thomas Lohninger von epicenter.works mit der Bereitschaft für einen baldigen Austausch mit dem neuen Präsidenten. Aber auch die Politik ist gefordert: Die lang andauernde Nichtbesetzung zeigt die Notwendigkeit einer Reform des Bestellungsprozesses auf.
„Die rechtsschutzsuchende Bevölkerung, die Richter:innenschaft und auch die Bewerber:innen konnten sich unter der geltenden Regelung nicht angemessen gegen die Untätigkeit der Regierung wehren: Wenn das dann dazu führt, dass einer umstrittenen parteinahen Person über ein Jahr lang die interimistische Leitung zukommt, ist das ein rechtsstaatlich bedenklicher Zustand,“ erinnert Lukas Gahleitner-Gertz von der asylkoordination österreich an die massiven Vorwürfe gegen den Vizepräsidenten Sachs, gegen den eine disziplinarrechtliche Prüfung beim Justizministerium anhängig ist.
„Die letzten 420 Tage haben gezeigt: Es braucht eine Reform des Bestellungsprozesses. Es kann weder den Bewerber:innen noch der Bevölkerung zugemutet werden, dass eine Entscheidung aus parteitaktischen Gründen so lange verzögert wird. Effektiver und effizienter Rechtsschutz braucht primär eine funktionierende, unabhängige Justiz,“ so Gregor Schamschula von ÖKOBÜRO.
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