Der AKVorrat ist entsetzt und in tiefer Trauer angesichts der Pariser Terroranschläge auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo". Unsere Gedanken gelten den Opfern und ihren Angehörigen. Wir verurteilen diese barbarischen Taten bei denen 17 Menschen ihr Leben verloren.

Dieser grausame Terroranschlag bekämpft die Grundfesten unseres demokratischen Europas. Die Attentäter versuchten mit einer beispiellosen Gräueltat die Meinungsfreiheit einzuschränken und den gesellschaftlichen Zusammenhalt aufzubrechen. Der Terror darf jedoch niemals zu einer Abschaffung von Grundrechten führen. Daher müssen wir verhindern, dass als Reaktion auf den Anschlag unsere Freiheiten eingeschränkt werden. Wir befinden uns auf dem richtigen Weg: Die weltweite Solidarität für die Meinungsfreiheit unter dem Slogan "Je Suis Charlie" erstreckt sich bereits über die Grenzen von Religionen, Ländern und Ethnien hinweg.

Umso besorgniserregender sind die Reaktionen einiger deutscher Politiker und österreichischer Polizeifunktionäre auf dieses Attentat mit neuer Überwachungsgesetzgebung zu reagieren. Bereits wenige Stunden nach dem Terroranschlag wurden erste Rufe nach einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung laut. Dabei war Frankreich 2006 eines der ersten Länder, das in Europa eine Vorratsdatenspeicherung einführte. Die Daten aller Menschen in Frankreich werden sogar für ein ganzes Jahr gespeichert und können von Strafverfolgungsbehörden in einer Vielzahl von Delikten leicht abgefragt werden. Weiters gibt es in Frankreich eine Auswertung von Fluggastdaten, großflächige staatliche Videoüberwachung, rigorose Anti-Terror-Gesetze und einen fähigen und gut vernetzen Geheimdienst.

Trotz all dieser Maßnahmen konnte weder der Terroranschlag in der Redaktion von "Charlie Hebdo", noch die darauf folgenden Geiselnahmen verhindert werden. Vor dem Anschlag auf den Boston-Marathon im Jahr 2013 stand den Behörden sogar der gesamte NSA-Überwachungsapparat zur Verfügung, trotzdem konnte er nicht verhindert werden. Im EuGH Verfahren und vorherigen Evaluierungsbericht der EU-Kommission (siehe auch hier) konnte kein einziger Terroranschlag angeführt werden, den die Vorratsdatenspeicherung jemals verhindert hätte. Hingegen befanden sich die Täter von Paris sogar auf der Terrorbeobachtungsliste TIDE, ihre Daten hätten auch ohne Vorratsdatenspeicherung erfasst werden können. An Daten hat es nicht gemangelt.

Wir müssen als Gesellschaft verstehen und akzeptieren, dass uns die Aufopferung unserer Privatssphäre keine absolute Sicherheit bringt. Seit dem 11. September 2001 wurden in Europa 239 neue Anti-Terror-Gesetze verabschiedet. Unsere Regierungen müssen dringend wieder zu einer faktenbasierten Sicherheitspolitik zurückkehren und dem Irrglauben, mehr Überwachung würde immer mehr Sicherheit bringen, abschwören. Diese Überdosis an Überwachung birgt fatale gesellschaftliche Kollateralschäden und dazu zählt auch der Verlust von Meinungs- und Pressefreiheit. Journalisten können ihre Quellen kaum noch beschützen, wenn eine Vorratsdatenspeicherung in Kraft ist und der Staat immer weiß, wo sie sind und mit wem sie kommunizieren. Wir dürfen im Gedenken an die Opfer nicht zulassen, dass als Reaktion auf diese Anschläge unsere Freiheiten in Europa eingeschränkt werden.

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