Nach der Evaluierung der Vorratsdatenspeicherung im April 2011 hat die Europäische Kommission eine Überarbeitung der dazugehörigen Richtlinie angekündigt. Jetzt wurde ein Bericht der Kommission an die Datenschutz-Arbeitsgruppe des Rates mit Kernpunkten zur Verbesserung öffentlich gemacht. Die Bedenken, die europäische Bürgerrechtsorganisationen nach dem Evaluationsbericht geäussert haben werden darin weitgehend ignoriert. Beachtung finden jedoch die Forderungen der Sicherheitsbehörden, nach einer Ausweitung der Überwachung. Die Vorratsdatenspeicherung soll den Bürgern laut dem Bericht besser erklärt werden. Die Argumentation erfolgt ganz im Sinne der Sicherheitsbehörden, die die Vorratsdatenspeicherung als wichtiges Werkzeug zur Aufklärung schwerer Straftaten sehen. Die große Kritik an der verdachtsunabhängigen Speicherung von Telekommunikationsdaten sei darauf zurückzuführen, dass die Nützlichkeit der Daten nicht nachvollziehbar sei: Nur eine Minderheit von Mitgliedsstaaten haben bisher Daten abgeliefert. Die Vorratsdatenspeicherung stellt einen schweren Eingriff in die Privatsphäre der Menschen dar und ist deshalb nur zulässig, wenn sie Notwendig und Verhältnismäßig ist. Das nun veröffentlichte Dokument zeigt, dass, obwohl die Kommission die Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung nicht belegen kann, an der Richtlinie festgehalten werden soll. Beachtet wird im Bericht jedoch der Wunsch der Sicherheitsbehörden auf die Sammlung von noch mehr Kommunikationsdaten: Geht es nach den Ermittlern werden zukünftig auch bei Instant-Messaging und Chat Konversationen (zB über Skype) gespeichert, wer mit wem kommuniziert. Weiter sollen Daten von Up- und Downloads gespeichert werden. Dies geht weit über die jetztigen Bestimmungen hinaus. Da jedes surfen im World Wide Web einen Download bedeutet, würde eine Aufnahme dieser Daten eine umfassende Überwachung des europäischen Internetverkehrs bedeuten. Weiters soll der Verwendungszweck drastisch ausgeweitet werden: Waren Daten bisher nur für die Aufklärung "schwerer Verbrechen" vorgesehen, beschreibt der Bericht Bestrebungen über die Ausweitung des Verwendungszwecks auf Urheberrechtsverletzungen. Dies stellt eine Abkehr von der Ursprünglichen Begründung als Anti-Terrormaßnahme, hin zur Verwendung bei zivilrechtlichen Delikten, dar. "Der Bericht zeigt eindeutig, wie nachlässig mit den Bedenken der Bevölkerung umgegangen wird" sagt Andreas Krisch vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Die Vorratsdatenspeicherung stellt einen schweren Grundrechtseingriff dar, von dem weder die Notwendigkeit noch die Verhältnismäßigkeit belegt sind. Die Kommission beruft sich alleine auf die Nützlichkeit der Vorratsdatenspeicherung. Sie ignoriert damit sämtliche Einwände der Zivilgesellschaft sowie der Verfassungsgerichte mehrerer Mitgliedsstaaten: Der Nutzen alleine reicht nicht aus um Bürger unter Generalverdacht zu stellen." Seit Oktober sammelt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung schon Unterschriften für eine Bürger_inneninitiative zur Abschaffung der EU-Richtlinie. Bis heute sind bereits mehr als 27.000 Unterschriften über http://zeichnemit.at gesammelt worden. PDF des Berichts: http://quintessenz.at/doqs/0001000116/2011_12_15,Eu_Commission_data_retention_reform.pdf Mirror + HTML-Version https://netzfreiheit.org/eu_commission_data_retention_reform/

Da du hier bist!

… haben wir eine Bitte an dich. Für Artikel wie diesen analysieren wir Gesetzestexte, bewerten Regierungsdokumente oder lesen Allgemeine Geschäftsbedingungen (wirklich!). Wir sorgen dafür, dass möglichst viele Menschen sich mit komplizierten juristischen und technischen Inhalten befassen und auch verstehen, dass sie große Auswirkungen auf unser Leben haben. Diese Arbeit machen wir aus der festen Überzeugung, dass wir gemeinsam stärker sind als alle Lobbyisten, Machthabende und Konzerne. Dafür brauchen wir deine Unterstützung. Hilf uns, eine starke Stimme für die Zivilgesellschaft zu sein!

Jetzt Fördermitglied werden