Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Walter Dorner, hat heute, Mittwoch, im Rahmen eines Fototermins die Verfassungsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung unterzeichnet. „Die Vorratsdatenspeicherung gefährdet das sensible Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient sowie das ärztliche Berufsgeheimnis“, begründete Dorner seinen Schritt. Kommunikationsdaten zwischen Arzt und Patient, die auf elektronischer Basis erfasst würden, könnten einerseits zur Erstellung von Weg-Zeit-Profilen führen und andererseits Rückschlüsse auf Arztbesuche bzw. den Gesundheitszustand zulassen. Gerade Gesundheitsdaten seien extrem sensibel und müssten daher besonders geschützt werden, ein schlampiges Vorgehen der Politik könnte ernsthafte Folgen nach sich ziehen. So würden vor allem psychisch Kranke oder Suchtpatienten vor eine unüberwindbare Hürde im System gestellt, wenn beispielsweise jeder Anruf beim Arzt gespeichert werde. Dorner: „Patienten sind in erster Linie Hilfsbedürftige. Sie dürfen nicht wie Kriminelle behandelt werden.“ „Der Nutzen der Vorratsdatenspeicherung konnte bisher nicht belegt werden. Sie taugt nicht einmal dazu, nachzuweisen, wer wann eine Straftat geplant hat“, führte der Obmann des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, Andreas Krisch, aus. Gleichzeitig werde die Zugriffsschwelle sinken, warnte der zertifizierte EU-Datenschutzgutachter. So seien im Vorjahr in Polen 1,8 Millionen behördliche Zugriffe auf Vorratsdaten erfolgt. Krisch: „Ich glaube nicht, dass es so viel Kriminalität in Polen gibt.“ Der Datenschutz und der Schutz der Grundrechte müsse auf jeden Fall gewahrt bleiben, sonst sei es über kurz oder lang mit der Privatsphäre vorbei. Ähnliches gelte auch für den elektronischen Gesundheitsakt (ELGA). Hier werde versucht, eine unüberschaubare Datenmenge in den Griff zu bekommen, ohne dass für die Patienten ersichtlich sei, was überhaupt passiere und ohne dass die Patienten die Kontrolle über ihre Daten hätten, kritisierte Krisch. „Datenschutzrechtlich muss auch geklärt werden, wer die Letztverantwortung trägt und wer Ansprechpartner für die Patienten ist“, forderte der Datenschützer. Die Datenschutzkommission müsste als datenschutzrechtliches Kontrollorgan fungieren, habe aber im Moment nicht die personellen Ressourcen dafür. Beim im Gesetz vorgesehenen Widerspruchsrecht ortet der Experte massive administrative und datenschutzrechtliche Probleme: „Die für den Zugang zu den eigenen Daten erforderliche Bürgerkarte taugt in diesem Zusammenhang nicht als Instrument, einfach, weil sie kaum verbreitet ist und nur ein Bruchteil der Österreicherinnen und Österreicher überhaupt eine Bürgerkarte besitzt.“ Nur eine freiwillige Teilnahme an ELGA könne eine datenschutzkonforme Lösung bieten. Schließlich stehe die Frage im Raum, wie Ärzte den Umstand dokumentieren sollen, dass ein Patient vom Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht hat und nicht möchte, dass seine Befunde erfasst werden. „Es gibt eine Fülle offener technischer und datenschutzrechtlicher Fragen, die dringend beantwortet werden müssen, ehe das Projekt auch nur ansatzweise umgesetzt werden kann“, so Krisch. Eine EU-Datenschutzprüfung würde ELGA nicht überstehen, sagte der Experte abschließend. Zur Kritik an ELGA: elgainfo.at

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