Am Dienstag den 9. Juli 2013 beginnt das Verfahren über die Zukunft der Vorratsdatenspeicherung in Europa. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg muss darüber entscheiden, ob die anlasslose Überwachung aller Telefon-, SMS-, und E-Mail-Verkehrsdaten mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar ist oder nicht. Im besten Fall bedeutet das eine Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung in der gesamten EU und eine Stärkung der Grundrechte gegenüber der EU-Gesetzgebung.

 

Am Dienstag den 9. Juli 2013 beginnt das Verfahren über die Zukunft der Vorratsdatenspeicherung in Europa. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg muss darüber entscheiden, ob die anlasslose Überwachung aller Telefon-, SMS-, und E-Mail-Verkehrsdaten mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar ist oder nicht. Im besten Fall bedeutet das eine Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung in der gesamten EU und eine Stärkung der Grundrechte gegenüber der EU-Gesetzgebung. Das Verfahren wurde von vier Klägern angestrengt, drei davon aus Österreich. Die Verfassungsklage des AKVorrat, der sich 11.139 Österreicherinnen und Österreicher angeschlossen haben[1], sowie der Verfassungsbeschwerde der Kärntner Landesregierung und einer Privatperson. Der Verfassungshof (VfGH) hat sich per Beschuss vom 18.12.2012 mit einem Ersuchen um Vorabentscheidung an den EuGH gewandt und dort Bedenken bezüglich der Grundrechtskonformität der Vorratsdatenspeicherung geäußert [2]. In der Verfassungsbeschwerde der NGO Digital Rights Ireland hat der Irische Highcourt ebenfalls ähnlich entschieden und dem EuGH vorgelegt. Im Verfahren geht es um zwei Anliegen: Einerseits soll der EuGH prüfen, ob die Vorratsdatenspeicherung mit der EU-Grundrechtecharta[3] überhaupt vereinbar ist. Wenn die Beschwerdeführer in dieser Sache Recht bekommen, ist eine der umstrittensten EU-Richtlinien Geschichte. Das hätte für Österreich im laufenden VfGH-Verfahren die sofortige Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung zur Folge und würde in allen anderen Mitgliedstaaten der EU auch die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung aufheben. Im zweiten Anliegen muss der EuGH darüber entscheiden, welche Rolle die Grundrechtestandards der Europäischen Menschenrechteskonvention (EMRK) bei der Auslegung der EU-Grundrechte spielen [4]. Für Österreich spielt damit auch die Frage nach dem nationalen Schutzstandard eine Rolle, weil die EMRK hierzulande im Verfassungsrang steht. Damit könnte zum Beispiel ein starker nationaler Datenschutz auf dieser Basis die Überwachungsgesetze wie die Vorratsdatenspeicherung aufheben. Für den AKVorrat ist die Anhörung am 9. Juli ein wesentlicher weiterer Schritt in die richtige Richtung. "Wir gehen davon aus, dass die Grundrechte aller Menschen in der Europäischen Union schlussendlich gestärkt aus diesem Verfahren hervorgehen werden." sagt Andreas Krisch, Obmann des AKVorrat. "In Zeiten der offenbar schrankenlosen Überwachung unserer Kommunikation durch Programme wie PRISM, ist es höchste Zeit eine rote Linie zu ziehen und die Grenzen des Zulässigen klar aufzuzeigen. Das Verfahren wird zeigen, ob der EuGH eine anlasslose Überwachung von 500 Millionen Menschen auf Vorrat als notwendig, verhältnismäßig und mit unseren Grundrechten vereinbar ansieht." Der AKVorrat und seine 11.139 Mitkläger werden von Rechtsanwalt Ewald Scheucher im Verfahren vertreten. Am 9. Juli beginnt die Verhandlung vor dem EuGH mit den Plädoyers aller Parteien. Ein kleines Team des AKVorrat wird zur Berichterstattung und Öffentlichkeitsarbeit ebenfalls dabei sein. Dies wird der einzige öffentliche Verhandlungstag mit Anhörungen sein. Mit einer Entscheidung des EuGH ist noch im Laufe des Jahres zu rechnen. [1] http://www.verfassungsklage.at [2] http://www.vfgh.gv.at/cms/vfgh-site/attachments/4/0/5/CH0004/CMS1363699553901/vorratsdatenspeicherung_vorlagebeschluss_presseinformation.pdf [3] Die EU-Grundrechtecharta normiert hierbei in Art 53, dass ihr die gleich Bedeutung wie der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zukommt, soweit es dort korrespondierende Rechte gibt - insbesondere Artikel 8 EMRK – "Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens" und Artikel 10 EMRK – "Freiheit der Meinungsäußerung" [4] Konkret betrifft das vor allem die Auslegung des neuen "Grundrechts auf Datenschutz" nach Artikel 8 Grundrechtecharta, weil die EMRK außer dem Recht auf Privatsphäre in Art 8 (dessen Pendant Art 7 GRC ist) kein ausdrückliches Datenschutzgrundrecht enthält.

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