Digitalsteuergesetz schreibt bis dato unerlaubte Datenspeicherung vor
Wir kritisieren in unserer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf das Fehlen von Alternativen zur Besteuerung von Online-Werbung und einen Mangel an Datenschutz
Wien, 9. Mai 2019 - In einer juristischen Stellungnahme zum Digitalsteuergesetz kritisieren wir als Grundrechts-NGO erneut den Gesetzesvorschlag, die Speicherung von IP-Adressen zum Zwecke der Besteuerung von Online-Werbung vorzuschreiben. Die Speicherung dieser Daten ist für dieses Vorhaben nicht notwendig und bewirkt einen großflächigen und nicht gerechtfertigten Eingriff in die Grundrechte praktisch aller Internetnutzer im Inland. Dass es dazu nicht einmal eine ordentliche Datenschutz-Folgenabschätzung gibt, ist eine große rechtsstaatliche Enttäuschung und nach Artikel 35 Datenschutz-Grundverordnung rechtswidrig.
Das Speichern und Verarbeiten personenbezogener Daten sollte verhältnismäßig und so gelinde wie möglich sein. „Es kann kein Versehen sein, dass hier eine neue und noch weiter ausgebaute Form der Vorratsdatenspeicherung etabliert wird, die man in die Hände von Großkonzernen wie Google legt“, sagt Christof Tschohl, Jurist und Vorstand unseres Vereins.
Datensammelei als Motto der Bundesregierung
Gerade die großen Player, die bereits massive Datensammlungen betreiben, haben durch dieses Gesetz auch Anlass zur Freude. Unternehmen wie Google werden damit dazu getrieben, Daten über alle Webseitenzugriffe zu speichern, und das gleich für mindestens sieben Jahre. Nichts desto trotz lehnt auch der Providerverband ISPA die Vorschläge mit massiver Kritik an den Grundrechtseingriffen ab und kooperiert dabei mit Vertretern der Zivilgesellschaft. Zusammen mit dem digitalen Ausweiszwang, der bevorstehenden E-Evidence-Verordnung und dem Überwachungspaket als solches scheint die Datensammelei über Bürgerinnen und Bürger geradezu das Motto der aktuellen Bundesregierung zu sein.
IP-Adressen sollen laut dem Gesetz gespeichert werden, um überprüfen zu können, an welchem Standort eine Werbung online ausgespielt wurde, um sie dann zu besteuern. Bereits vor Begutachtungsende kam aus Regierungskreisen das Lippenbekenntnis, die IP-Adressen zu anonymisieren. „Das ist aber nur dann sinnvoll, wenn es dazu auch ein Verbot dahingehend gibt, noch mehr zu speichern“, so Tschohl, „außerdem ist eine Umsetzung durch „Anonymisierung“ der IP Adressen bei näherer Betrachtung der praktischen Umsetzbarkeit eher ein Feigenblatt. Das Risiko für die Menschen wird damit nicht wirklich reduziert, weil die Anbieter Daten zunächst einmal vollständig speichern würden und dabei durchaus sogar längerfristige Interessen geltend machen könnten“.
Aus Gründen des Datenschutzes wäre es also mehr als wünschenswert, einen Weg zu finden, Werbung zu besteuern ohne dabei auf den Datenschutz des Werbungs-Kunden zu verzichten. Die Speicherung dieser Daten von sieben Jahren ist völlig unverhältnismäßig.
Nähere Details findest du in unserer parlamentarischen Stellungnahme >> hier.
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