Das von der Bundesregierung angekündigte Anti-Terror-Gesetzespaket wurde zum Teil bereits vor wenigen Wochen präsentiert und der Gesetzesentwurf zur Begutachtung freigegeben. Als Grundrechtsorganisation haben wir deshalb einige dieser Gesetze analysiert, denn uns ist aus der Geschichte bereits bekannt, dass Anti-Terrormaßnahmen oftmals neue Überwachungs- und Sicherheitsgesetze bedeuten. Immer da, wo die Gefahr besteht, unsere Grundrechte könnten in irgendeiner Form unbeachtet bleiben, versuchen wir uns einzubringen. Im Folgenden erklären wir, welche konkreten Probleme wir an den einzelnen Gesetzesänderungen sehen. Dies stellt eine Zusammenfassung unserer Stellungnahmen dar, die im Anschluss immer verlinkt und im Detail gelesen werden können.

Staatsbürgerschaftsgesetz und Symbole-Gesetz

Durch die Änderungen im Staatsbürgerschaftsgesetz soll es möglich werden, jemandem die Staatsbürgerschaft zu entziehen, wenn diese Person wegen eines terrorismusnahen Delikts verurteilt wurde. 

Dieser neu eingeführte §33 regelt dies nun, allerdings muss Art 8 des Übereinkommens zur Verminderung der Staatenlosigkeit beachtet werden, sodass ein Mensch dadurch nicht staatenlos wird. Trotz dieser Einschränkung sehen wir die Aberkennungsmöglichkeit an sich sehr kritisch. Diese Maßnahme stellt aus unserer Sicht kein Mittel dar, Terrorismus zu bekämpfen. Zudem würde so die Zuständigkeit der Verantwortung im Umgang mit terroristischen Straftätern einfach auf andere Länder abgewälzt werden. Aus unserer Sicht stellt die Aberkennung außerdem einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar (Art 8 EMRK). Insbesondere im Falle einer teilbedingten Strafe sehen wir diese Maßnahme nicht als das gelindere Mittel an. Es reichen die bereits vorhandenen Möglichkeiten, jemandem die österreichische Staatsbürgerschaft zu entziehen. 

Das Symbole-Gesetz soll die Verwendung von Symbolen bestimmter Gruppierungen untersagen. Hier werden in § 1 die Symbole der „Identitäre Bewegung Österreich“ als auch der Gruppe „Die Österreicher“ in die Liste der verbotenen Symbole aufgenommen. Wir lehnen das Verbieten der Symbole jeder legalen Bewegung aufgrund der grundrechtlichen Bedenken ab. Die Verwendung von Symbolen unterliegt auch dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Wir sehen zudem, dass hier auch in Art 11 EMRK eingegriffen wird, das Recht auf Vereinigungsfreiheit.

Unsere gesamte Stellungnahme zum Staatsbürgerschaftsgesetz und Symbole-Gesetz ist hier.

Islamgesetz und Bekenntnisgemeinschaftengesetz

Hier konnten wir wirklich nichts Positives oder Verhältnismäßiges finden. Eine neu eingeführte Bestimmung im BekGG verpflichtet Dienststellen des Bundes, in allen Angelegenheiten des Kultus, den Bundeskanzler zu informieren und Unterlagen an diesen zu übermitteln. Das stellt aus unserer Sicht einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz dar, da hier überschießend formuliert wurde und Verschwiegenheitspflichten außer Acht gelassen wurden. 

Im Islamgesetz ist im Entwurf die Möglichkeit geschaffen worden, die Rechtspersönlichkeit von islamischen Einrichtungen aufzuheben. Auch das empfinden wir als grundrechtswidrig, da hier gleich in mehrere Grund- und Menschenrechte eingegriffen wird: Das Recht auf selbständige Ordnung und Verwaltung innerer Angelegenheiten, Recht auf Gleichbehandlung mit allen anderen anerkannten Religionsgemeinschaften und es ist zudem eine verfassungswidrige Einmischung in innere Angelegenheiten anerkannter Religionsgemeinschaften. Diese inneren Angelegenheiten können nicht durch den Staat geregelt werden. Sprich: Die Hoheit über innerislamische Einrichtungen hat die hierarchisch übergeordnete islamische Religionsgemeinschaft. 

Auch die Einsicht in die Finanzunterlagen sollen im IslamG geregelt werden, wo nun eine Aufzeichnungspflicht für Religionsgesellschaften geschaffen wurde, insbesondere der Rechnungsabschlüsse. Dies soll dem Zweck der Überprüfung des Inlandsfinanzierungsgebots gem § 6 Abs 2 IslamG dienen. Auch dies widerspricht dem Recht auf Ordnung und Verwaltung innerer Angelegenheiten einer Religion. Der Staat erlangt dadurch außerdem nur Einsicht in die Mittelverwendung, nicht aber in die Mittelherkunft (was ja der eigentliche Zweck gewesen wäre).

Weiters wird im Entwurf die Religionsgemeinschaft verpflichtet, eine Aufstellung aller Einrichtungen und religiöser Funktionsträger*innen zu führen. Auch dies soll dem Bundeskanzler übermittelt werden. Wir halten die Übermittlung der Einrichtungen für vertretbar, sehen aber bei der Auflistung der Funktionsträger*innen Probleme, da dieser Begriff in den Erläuterungen sehr weit gefasst ist. Dies betrifft nämlich auch außenvertretungsbefugte Organe und Personen, die innerhalb der Verwaltung in Religionsgemeinschaften arbeiten. 

Zu unserer gesamten Stellungnahme zum Islamgesetz und Bekenntnisgemeinschaftengesetz.

Terror-Bekämpfungs-Gesetz

Aus unserer Sicht ist das gesamte Gesetz obsolet und führt nur zu mehr Ausgrenzung von in Österreich lebenden Muslim*innen und trägt nicht dazu bei, Terrorismus effektiv zu unterbinden. Ein neuer Straftatbestand § 247b StGB soll dabei den „politischen Islam“ in den Fokus stellen. Auch die ständigen Beispiele des Islamismus in den Erläuterungen sind zu streichen und durch neutrale Formeln des religiösen Extremismus zu ersetzen. Hier wird ein „Verhalten“ unter Strafe gestellt, das nicht nur bereits durch andere Straftatbestände abgedeckt ist, sondern die neuen Bestimmungen werden auch nie zur Anwendung kommen, da die anderen, diese Delikte bereits abdeckenden Straftatbestände (246, 247a), einen höheren Strafrahmen vorsehen. 

Die Überwachung durch eine Fußfessel bei bedingter Entlassung stellt für uns einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Freiheitsrechte dar. Eine Fußfessel für Gefährder*innen wurde in Österreich bereits 2017 diskutiert und damals konnte sich der damalige Justizminister Brandstetter von der ÖVP gegen seinen Parteikollegen Wolfgang Sobotka durchsetzten. Sollte das Strafgericht zu dem Urteil kommen, Rechtsbrecher*innen während der Probezeit zu überwachen bzw. unter Aufsicht zu stellen, können elektronische Geräte an ihre Körper angebracht werden. Da dies ein weiterer Grundrechtseingriff ist (Art 8 EMRK), empfehlen wir, diese Maßnahme ersatzlos zu streichen. Die Überprüfung der Einhaltung von Weisungen ist auch jetzt schon mit gelinderen Mitteln möglich: Verpflichtende Therapie-Termine und weitere Maßnahmen zur Deradikalisierung.

Unsere gesamte Stellungnahme zum Terror-Bekämpfungs-Gesetz.
 

Da du hier bist!

… haben wir eine Bitte an dich. Du möchtest der Regierung auf die Finger schauen? Möchtest du immer auf dem neuesten Stand sein zu Überwachung, Datenschutz, Netzneutralität, und allen Themen, die unsere Grund- und Freiheitsrechte im Netz betreffen? Abonniere unseren Newsletter und wir informieren dich etwa einmal im Monat über das netzpolitische Geschehen in Österreich und Europa, unsere Aktionen, juristischen Analysen und Positionspapiere.

Gemeinsam verteidigen wir unsere Grund- und Freiheitsrechte im digitalen Zeitalter, denn Zivilgesellschaft wirkt! Bleib informiert!

Ähnliche Artikel: