Der gestern vorgestellte digitale Führerschein wurde 2017 auf den Weg gebracht, das sieht man ihm leider an. Anders als in der ID Austria wurden hier jedoch Anstrengungen unternommen, um Nutzer:innenverhalten davor zu schützen von zentraler staatlicher Stelle eingesehen zu werden. Diese Anstrengungen sind aufgrund der kurzfristigen Widerrufbarkeit von Führerscheinen nicht perfekt und liegen unter dem Datenschutzniveau des globalen ISO-Standards für „mobile driving licenses“.

Das seit gestern in Österreich eingesetzte System ist eine Insellösung und funktioniert in keinem anderen Land. Auf EU-Ebene sind wir in den letzten Verhandlungsrunden zu einem europaweit einheitlichen System für elektronische Identität und Ausweise, genannt eIDAS. Das Gesetz dazu könnte bereits Anfangs 2023 verabschiedet und die Software 2024 in allen EU-Mitgliedsstaaaten verfügbar sein.

Das gestern in Östereich vorgestellte System scheint uns für Führerscheine eine taugliche Lösung zu sein. Wenn das System jedoch ausgeweitet wird auf Altersnachweise, Schüler- oder Studierendenausweise, muss noch nachgebessert werden. Ein Altersnachweis sollte – der internationalen ISO-Norm entsprechend – zB mittels „selective disclosure“ erbracht werden, also durch Übermittlung nur der benötigten statt aller im Ausweis enthaltenen Attribute. So kann ein Türsteher weder Name, Adresse, Lenkerberechtigung noch das eigentliche Geburtsdatum erfahren. Wenn man sich an den globalem Standard hält, braucht es zudem keine eigenen digitalen „Altersnachweis-Ausweise“, die wiederum nur in Österreich funktionieren würden.

Den höchsten Datenschutz verspricht derzeit das EU-System. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen und im Rat der EU-Mitgliedsstaaten drohen gerade die Hardliner einer wirtschaftsfreundlichen Position die Überhand zu gewinnen. Aber im Europa-Parlament sind wichtige Datenschutz-Absicherungsmaßnahmen beschlossen worden, die das System wirklich zum EU-Vorreiter machen würden. An diesem hohen Datenschutzniveau sollte sich Österreich orientieren und dafür sollte sich Staatssekretär Tursky auch in den Ratsverhandlungen einsetzten.

Wir konnten die Datenschutzfolgeabschätzung des Projekts kurz vor Veröffentlichung prüfen und den Projektverantwortlichen Feedback geben. Eine komplette Blackbox ist für uns aber die Prüf-App der Polizei mittels derer bei Fahrzeugkontrollen der digitale Führerschein und bald auch der Zulassungsschein geprüft werden sollen.

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