
Verfünffachung der Videoüberwachung in Österreich geplant
Innenminister Karner will die Videoüberwachung in Österreich in einem bisher beispiellosen Ausmaß ausweiten – und das ohne öffentliche Debatte, wissenschaftliche Grundlage oder nachvollziehbare Begründung. Nach dem umstrittenen Beschluss zum Einsatz des Bundestrojaners steht damit direkt der nächste Angriff auf unsere Grundrechte bevor.
Was jetzt geplant ist
Bisher werden in Österreich 20 öffentliche Orte videoüberwacht, diese Zahl will der Innenminister jetzt plötzlich verfünffachen. Öffentliche Plätze sind Räume für Begegnung, Austausch und demokratische Teilhabe. Der Großteil der Menschen auf den hunderten öffentlichen Plätzen haben sich nichts zu Schulden kommen lassen und sollen künftig trotzdem in ihrem Alltag überwacht werden. Gerade in Zeiten von KI ist es für Sicherheitsbehörden so einfach und billig wie nie, automatisierte Gesichtserkennung oder Gefahrenerkennung einzusetzen. So lassen sich auf Knopfdruck Bewegungsprofile von Menschen erstellen, was schnell zu Missbrauch und Diskriminierung führen kann. Besonders an beliebten Orten für Demonstrationen führt das Aufstellen von Videokameras zwangsläufig zur Beschneidung unserer Demokratie.
Das Innenministerium will diese Möglichkeit nun offenbar massiv ausbauen. Besonders brisant: Die Maßnahme soll über einen simplen Erlass eingeführt werden – mitten in der Sommerpause des Nationalrats, ohne vorherige Debatte. Aus demokratiepolitischer Sicht ist dieses Vorgehen schlicht inakzeptabel.
Veraltete Gesetze, fehlender Rechtsschutz
Die aktuellen Bestimmungen im Sicherheitspolizeigesetz zur Videoüberwachung zeigen keinerlei Sensibilität für Grundrechte. Es gibt weder eine klare Rechtsgrundlage für KI-gestützte Gesichtserkennung noch zeitgemäße Schutzmechanismen für Betroffene.
Die längst überfällige Umsetzung des EU-AI-Acts sowie andere Vorhaben wie die geplante Innenstadtüberwachung zur Verkehrsberuhigung durch Verkehrsminister Hanke machen deutlich: Wir brauchen dringend eine Reform dieser Gesetze, um Grundrechte im digitalen Zeitalter zu sichern.
Politische Kehrtwende bei SPÖ und NEOS
Besonders enttäuschend ist das Verhalten von SPÖ und NEOS. Beide Parteien haben in der Opposition jahrelang scharf vor Überwachungsphantasien der ÖVP gewarnt. Nun, in der Regierung, scheinen sie diese Positionen aufgegeben zu haben. Für eine Partei mit Wurzeln in sozialen Bewegungen und eine liberale Bürgerrechtspartei ist diese Haltung schwer nachvollziehbar.
Unsere Position:
Videoüberwachung darf nicht im Schnellverfahren und ohne Debatte ausgeweitet werden. Es braucht eine Verhältnismäßigkeitsprüfung in jedem Einzelfall statt eines Befehls des Innenministers zur Ausweitung. An öffentlichen Plätzen kann Videoüberwachung zu so starken Grundrechtseingriffen führen, dass sie verfassungswidrig ist. KI-gestützte Überwachungstechnologien wie Gesichts- und Gefahrenerkennung sind ein massiver Eingriff in die Privatsphäre und müssen strengen, transparenten und demokratisch legitimierten Regeln unterliegen.
Wir werden diese Entwicklungen weiterhin kritisch begleiten – und uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass Grundrechte auch im digitalen Zeitalter geschützt bleiben.
Forderungspapier: Keine Überwachung durch KI im öffentlichen Raum
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