VertreterInnen der Zivilgesellschaft stellen Forderungspaket an Bundesregierung

Demokratie ist kein Kleidungsstück, das wir nach Belieben an oder ausziehen können, sondern die Basis unserer Verfassung. Transparenz in Politik und Verwaltung haben schon vor Corona zu wünschen übrig gelassen. Besonders in Krisenzeiten müssen die Grundlagen für Entscheidungen, die in die Grundrechte der Bevölkerung eingreifen, transparent gemacht werden. Krisenstäbe, von denen nicht klar ist, wie sie zusammengesetzt sind und Maßnahmen, die sich am “Rande des demokratischen Modells” bewegen, schaden der Demokratie und damit dem ganzen Land.

Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung, es ist an der Zeit, Transparenz und Raum für einen konstruktiven Dialog mit der Zivilgesellschaft zu schaffen.

In diesem Sinn fordern wir Sie auf, folgende Maßnahmen zu setzen:

  1. Veröffentlichung der Namen der Mitglieder der Krisenstäbe der Bundesregierung und aller Ministerien sowie sämtlicher Protokolle, einschließlich abweichender Meinungen.
     
  2. Öffentliche Hearings mit den Mitgliedern des Krisenstabes.
     
  3. Veröffentlichung der wissenschaftlichen Grundlagen und Folgenabschätzungen für diskutierte und tatsächlich beschlossene Maßnahmen.
    Dies umfasst wissenschaftliche Studien sowie deren Datenbasis und bezieht sich sowohl auf gesundheitliche, soziale als auch wirtschaftliche Entwicklungen und Maßnahmen (z.B. Inanspruchnahme von staatlichen Leistungen etc.).
     
  4. Einrichtung eines "Covid19-Ausschusses" als Unterausschuss des Budgetausschusses für die begleitende und öffentliche Kontrolle der beschlossenen Milliardenhilfen für die Wirtschaft.
     
  5. Einbeziehung zusätzlicher ExpertInnen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft zur begleitenden Beratung der Krisenstäbe der Regierung zu nichtmedizinischen Themen (z.B. Armutsbekämpfung, Bildungspolitik, Sozialpsychologie, Gewaltprävention, Politikwissenschaft, Frauenpolitik, Transparenzinitiativen, Datenschutz, etc.). Die Ergebnisse dieser Beratungen (einschließlich abweichender Meinungen) sollen selbstverständlich ebenfalls öffentlich werden.
     
  6. Gesetzliche Absicherung der Freiwilligkeit der Stopp Corona App und aller weiterer technischen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus. Alle diese Maßnahmen müssen höchsten Datenschutzvorgaben entsprechen, auf dem Vertrauen der Bevölkerung aufbauen und dürfen nicht auf eine Vorratsdatenspeicherung hinauslaufen.
     
  7. Veröffentlichung anonymisierter Informationen zur transparenten Darstellung der Effektivität von digitalem und analogem Tracing.
     
  8. Für alle Grundrechtseinschränkungen ist in den Erläuterungen eine Darstellung der konkreten zu erreichenden Ziele und Erforderlichkeiten aller getroffener Maßnahmen, sowie gelinderer Mittel und Abwägungsentscheidungen transparent zu machen.
     
  9. Unverzügliche Einrichtung einer Meldestelle für Polizeigewalt und -willkür, wie im Regierungsprogramm vorgesehen. Kennzeichnungspflicht für alle PolizeibeamtInnen unter Wahrung des Datenschutzes (eindeutige pseudonyme Nummer).
     
  10. Schnellstmögliche Beschlussfassung eines umfassenden Transparenzpakets und Informationsfreiheitsgesetzes unter Einbeziehung der einschlägigen zivilgesellschaftlichen Initiativen.
    Ein derartiges Gesetz würde viele der oben genannten Transparenzlücken automatisch schließen.

 

Initiiert wurden diese Forderungen von Meine Abgeordneten, epicenter.works, Momentum Institut und Respekt.net

Sie werden unter anderen von folgenden Organisationen unterstützt:
Amnesty International Österreich
Attac Österreich
Digital Society
GLOBAL 2000
Initiative für Netzfreiheit
Mehr Demokratie
Verband Freier Radios Österreich

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