
Informationsfreiheit: Was du schon immer wissen wolltest und nicht fragen konntest
Seit 1. September 2025 gilt in Österreich das neue Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Damit bekommen alle Menschen in Österreich ein neues Grundrecht auf Zugang zu staatlichen Informationen. In modernen Demokratien hat die Bevölkerung ein Recht darauf zu wissen, was in ihrem Namen und mit ihrem Steuergeld passiert. Unser Ziel ist ein transparenter Staat, statt transparenten Bürger:innen.
Österreich ist hier peinliches Schlusslicht, denn es war lange das letzte EU Land ohne Informationsfreiheit. Die Informationsfreiheit ruht auf zwei Säulen, die Auskunft über Informationen auf Antrag und die proaktive Veröffentlichungen in einem Informationsregister. „Information“ umfasst jede bereits vorhandene Aufzeichnung (Dokument, E-Mail, Datei, Datenbank-Export etc.), die bei einer informationspflichtigen Stelle besteht – neu erzeugen müssen Behörden nichts.
Handlungsanleitung: Wie geht das?
1) Prüfen, ob es schon veröffentlicht ist: Viele Unterlagen „von allgemeinem Interesse“ (z. B. Geschäftseinteilungen, Berichte, Studien, Verträge) müssen künftig proaktiv online stehen – zentral im Informationsregister auf data.gv.at. Kleine Gemeinden unter 5.000 Einwohner:innen sind davon ausgenommen; sie können aber freiwillig veröffentlichen. (Das Anfragerecht gilt dort aber trotzdem.)
2) Stelle ein Informationsbegehren (Antrag) : Du kannst formfrei (E-Mail, Brief, telefonisch oder persönlich) bei allen Verwaltungsorganen von Bund, Ländern und Gemeinden sowie bei vielen staatsnahen Unternehmen anfragen (börsennotierte Unternehmen sind ausgenommen). Das Informationsbegehren braucht keine Begründung – wichtig ist eine möglichst präzise Beschreibung der gewünschten Information.
3) Fristen & Rechtsmittel kennen: Die Behörde muss innerhalb von 4 Wochen antworten. Bei besonderen Gründen darf sie einmalig um weitere 4 Wochen verlängern. Erfolgt keine Informationserteilung, kannst du einen Bescheid verlangen. Wird dieser verweigert oder bleibt aus, ist eine Beschwerde beim zuständigen Verwaltungsgericht möglich, das innerhalb von 2 Monaten entscheiden muss.
4) Kosten : Anfragen, Antworten und Bescheide sind gebührenfrei. Erst im Beschwerdeverfahren fallen Gerichtsgebühren an.
→ Sehr zu empfehlen ist der Anfrage-Guide des Forums Informationsfreiheit und natürlich FragDenStaat.at ein Portal, das Vorlagen, Versand und öffentliches Tracking deiner Anfrage vereinfacht.
Wofür kannst du das IFG verwenden?
- Kontrolle vor Ort: Bauvorhaben, lokale Beschaffungen, Gemeinderats-Unterlagen – auf allen Verwaltungsebenen.
- Verträge, Studien, Gutachten: Hintergrunddokumente zu öffentlichen Projekten, Vergaben und Expertisen – sofern kein Geheimhaltungsgrund greift (Datenschutz, Sicherheit, laufende Entscheidungsfindung…etc.)
- Geldflüsse nachvollziehen: Förderungen, Subventionen und Zuschüsse – künftig werden z. B. in der Transparenzdatenbank staatliche Förderungen ab 1.500 € (außer an Privatpersonen) publik
Informationsfreiheit & Datenschutz: zwei Seiten einer Medaille.
Auch wenn die Amtsverschwiegenheit heute nicht mehr Zeitgemäß ist, war sie zu ihrer Einführung 1925 eine gute Sache. Damit war es Beamten verboten dienstliche Informationen über Menschen auszuplaudern oder gegen diese zu verwenden. Diesen Schutz verlieren wir mit der neuen Informationsfreiheit nicht, denn Datenschutzinteressen müssen in jeder Anfrage mit dem öffentlichen Interesse abgewogen werden und oftmals werden personenbezogene Daten einfach geschwärzt.
Deshalb haben wir uns auch gemeinsam mit unserer Schwesterorganisation Forum Informationsfreiheit für ein IFG eingesetzt. Wir durften 2023 im Verfassungsausschuss als Experten das Gesetz analysieren und haben noch für Verbesserungen gekämpft.
In unserer Arbeit ist das IFG ein wertvolles Werkzeug. Zum Beispiel haben wir gleich in mehreren Anfragen versucht Licht ins Dunkel der geplanten Videoüberwachung von Innenminister Karner zu bringen. Dazu veruchen wir den ominösen Erlass des Ministers zu bekommen, die Orte wo heute schon von der Polizei überwacht wird oder in welchem Umfang die Videoüberwachung von öffentlichen Verkehrsbetrieben von der Polizei abgefragt wird. Wir wollen auch wissen wieviel Geld für Softwarelizenzen ausgegeben wird. Auch auf EU Ebene besorgen wir uns die Lobby Dokumente der Telekomindustrie in ihrem Angriff gegen die Netzneutralität.
SPÖ Ministerien verbieten E-Mail
Es wäre nicht Österreich, wenn die Einführung der Informationsfreiheit ohne Pannen verläuft. Kaum ist das neue Informationsfreiheitsgesetz in Kraft, schränken die ersten Ministerien bereits dessen Nutzung ein. Das SPÖ-Finanzministerium verweigert die Annahme von Anfragen per E-Mail. Ebenso hält es das SPÖ-Justizministerium, wie das Forum Informationsfreiheit berichtet. Stattdessen soll nur noch ein Formular genutzt werden dürfen – eine Maßnahme, die nicht nur technisch unnötig, sondern auch bürgerfeindlich ist. Gerade E-Mail ist 2025 das zugänglichste Kommunikationsmittel für praktisch alle Altersgruppen. Ob die neuen Formulare barrierefrei und rechtssicher sind, bleibt offen.
Besonders problematisch: Die Einschränkung gefährdet die Arbeit von FragDenStaat.at, das seit vielen Jahren Bürger:innen bei Anfragen unterstützt – transparent, öffentlich, per E-Mail. Ohne vorherige Ankündigung wird hier zivilgesellschaftliches Engagement ausgebremst und weiters die Möglichkeit genommen einzelne Anfragen für alle öffentlich nachlesbar zu machen. Damit steigert sich auch der Verwaltungsaufwand für die Ministerien, da doppelte Anfragen nicht erkannt werden. 2023 hat die SPÖ das IFG unterstützt und gefeiert, nun muss sie in Regierungsverantwortung auch zu ihrem Wort stehen. Wir fordern das Finanz- und Justizministerium auf, E-Mail-Anfragen weiterhin zuzulassen und den politischen Willen zur Transparenz nicht durch bürokratische Hürden zu konterkarieren.
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