Seit mehr als 200 Jahren gibt es in Österreich das Amtsgeheimnis und seit mindestens 30 Jahren wird über seine Abschaffung debattiert. Das Amtsgeheimnis bezeichnet eine Geheimhaltungspflicht vom Staat gegenüber seiner Bevölkerung und steht in Österreich seit 1925 im Verfassungsrang.

Update: Nach unserem gemeinsamen Pressegespräch mit dem Forum Informationsfreiheit und der NGO Saubere Hände am 17. Jänner wurde zumindest eine von uns kritisierte Sollbruchstelle ausgebessert: Richter:innen haben nun ausdrücklich Zugang zu den relevanten Dokumenten, über die sie in einem Fall zu entscheiden haben.

In den meisten Staaten der Welt gilt statt der Verschwiegenheitspflicht ein Grundrecht auf Informationsfreiheit. Die Idee dahinter: die Bevölkerung ist nicht Untertan, sondern Souverän. Da Macht Kontrolle braucht, muss der Staat transparent sein. Mittlerweile ist Österreich die einzige Demokratie in ganz Europa, die an diesem Relikt aus der Kaiserzeit festhält. Nach jahrelangem Kampf könnte es jetzt endlich soweit sein. Mit der geplanten Reform, soll in Österreich ein Grundrecht auf Zugang zu Information geschaffen werden.

Am Montag, dem 15. Jänner 2024, waren wir im Hearing des Verfassungsausschusses geladen und konnten unsere Sicht auf das Gesetz erklären. Dabei warnen wir vor zwei Sollbruchstellen, die der Bevölkerung in Zukunft den Zugang zu Informationen deutlich erschweren könnten.

  1. Der schwerwiegendste Mangel ist, dass die Informationsfreiheit mit beliebigen anderen Bundes- oder Landesgesetzen ausgehebelt werden kann. So könnten z.B. auch in Zukunft Blackboxen wie die COFAG geschaffen werden, die erstmal jahrelang von der Informationsfreiheit ausgenommen wären.

  2. Wenn die Behörde Informationen nicht herausgeben will, dann bleibt nur der Weg zum Verwaltungsgericht. Jedoch fehlt im Gesetz die ausdrückliche Möglichkeit für Richter:innen die Dokumente einzusehen, über deren Herausgabe sie zu entscheiden haben. Es gab in der Vergangenheit schon Fälle, in denen die angefragte Behörde den Richter:innen den Zugang zu den Dokumenten versagt hat. So kann der Rechtsschutz nicht funktionieren.

Außerdem mangelt es immer noch an einer Behörde für Informationsfreiheit, die im Streitfall schnell und kompetent entscheiden könnte. Auch wenn wir die Reform grundsätzlich begrüßen, warnen wir vor Fehlern auf den letzten Metern. Zumindest die zwei Sollbruchstellen sollten dringend noch repariert werden.

Am 17. Jänner haben wir gemeinsam mit dem Forum Informationsfreiheit und der NGO Saubere Hände ein Pressegespräch veranstaltet, um über das wichtige Thema aufzuklären. Am 22. Jänner soll das Gesetz im Verfassungsausschuss beschlossen werden und am 31. Jänner ist der letzte Schritt der Beschluss im Plenum des Nationalrats.

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