Am kommenden Dienstag wird das EU-Parlament darüber abstimmen, ob das Abkommen zur Übermittlung von Fluggastdaten (PNR) mit Kanada vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüft werden muss. Dabei handelt es sich um eine gigantische Vorratsdatenspeicherung: Bis zu 60 Einzelinformationen werden bei jedem einzelnen Flug pro Passagier gespeichert, darunter Sitzplatzinformationen, Essenswünsche und Kreditkartendaten. Bis zu fünf Jahre soll Kanada die Daten speichern dürfen. Nachdem der EuGH bereits die Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsdaten gekippt hat, soll er nun auch über diese Vorratsdatenspeicherung urteilen. Doch der EuGH kann nur aktiv werden, wenn sich in der Abstimmung am kommenden Dienstag eine Mehrheit im EU-Parlament für eine Vorlage beim EuGH findet. Vor allem die Abgeordneten der ÖVP tendieren dazu, das Abkommen ohne eine Vorlage vor den EuGH durchzupeitschen. Es ist daher wichtig, dass die Abstimmung nicht abseits öffentlicher Berichterstattung stattfindet und interessierte Bürgerinnen und Bürger sich jetzt bei ihren EU-Abgeordneten melden (per Mail, Twitter, Facebook, Fax oder Anruf) und sie auffordert, für eine Vorlage des EU-Kanada-PNR-Abkommens vor den EuGH zu stimmen. Eine Liste mit aller österreichischen MEPs findet ihr hier.Hintergrund: Das PNR-Abkommen mit Kanada ist die erste Abstimmung über eine Vorratsdatenspeicherung personenbezogener Daten nach dem EuGH-Urteil, das die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung 2006/24/EG für nichtig erklärt hat. Die Mitgliedstaaten der EU haben sich im EU Rat bereits für das Abkommen ausgesprochen, nur das EU-Parlament kann diese Pläne noch stoppen. Zeitgleich diskutiert man in der EU auch eine eigene Vorratsdatenspeicherung von Reisedaten – die EU-PNR-Richtlinie. Sämtliche Flüge aus der EU und in die EU sollen überwacht und die Daten für fünf Jahre auf Vorrat gespeichert werden. Einen Beweis oder wenigstens eine nachvollziehbare Studie für den Nutzen der Totalüberwachung aller Flugreisenden gibt es jedoch nicht. Trotzdem fordern einige Mitgliedstaaten und Abgeordnte des EU-Parlaments sogar eine Ausdehung der Überwachung auch auf innereuropäische Flüge. Sollte sich am Dienstag keine Mehrheit für eine Überprüfung des Abkommens durch den EuGH finden, droht auch das EU-PNR System schnell wieder auf die Agenda des EU-Parlaments zu geraten, ohne dass dieser neuerliche Grundrechtseingriff einer qualifizierten Überprüfung unterzogen wird. In eigener Sache Der AKVorrat hat vor einer Woche seine Crowd-Funding-Kampagne zur Finanzierung seines nächsten großen Projektes gestartet und hat bereits 11% der benötigten €25.000,– aus der Zivilgesellschaft gespendet bekommen. Unser Ziel ist eine Überwachungsgesamtrechnung, die alle Eingriffe in unsere Privatsphäre gesamtheitlich betrachtet. Nur durch so eine Analyse können wir das gesellschaftliche Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit wieder herstellen. Die Überwachungsgesamtrechnung beruht auf der Evaluierung aller Anti-Terror-Gesetze, für welche der AKVorrat nun einen Handlungskatalog schreiben wird. Deshalb bittet der AKVorrat weiterhin um Spenden. UPDATE: Dank dem großen öffentlichen Druck ist die Abstimmung vor einer Stunde gut ausgegangen. Mit 383 zu 271 Stimmen hat das Europa Parlament sich für die Prüfung des Canada-Europa Fluggastdaten Abkommens durch den EuGH ausgesprochen. Der EuGH hat nun die Chance nach der Aufhebung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung die nächste anlasslose Massenüberwachung zu prüfen. Mehr Informationen finden sich in der Presseaussendung des Europa Parlaments. Mehr Informationen zum Thema

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