Vor zehn Jahren wurde epicenter.works - damals noch unter dem Name AKVorrat - ins Leben gerufen bzw. offiziell als Verein gegründet. Seit 2010 hat sich auf netzpolitischer Ebene sehr viel getan. Nicht nur, dass die Gesetzgebung und Regulierung des digitalen Raumes zugenommen hat, die Wichtigkeit der Netzpolitik hat in dieser Zeit zum Glück stark zugelegt. Als Verein haben wir versucht, uns in so vielen Angelegenheiten wie nur möglich für die Grundrechte aller einzusetzen und uns gegen die zunehmende Überwachung auszusprechen. Unsere Mission ist ein freies und offenes Internet und die Wahrung der Grundrechte jedes und jeder einzelnen. 

Seit des Starts des Vereins haben wir einige kleine und einige große Erfolge feiern können. Natürlich gab es ab und zu Rückschläge, doch aus diesen haben wir für die nächsten Anläufe gelernt und so sind wir über die Jahre im wahrsten Sinne gewachsen. Das alles funktioniert vor allem deshalb so gut, weil wir Unterstützung aus der Zivilbevölkerung erhalten, die uns vor allem finanziell unter die Arme greift. Das kannst übrigens auch du: Unterstütze uns!

Lässt man die letzten zehn Jahre Revue passieren, so erinnern wir uns besonders an folgende Momente:

1. Vorratsdatenspeicherung

Wofür man uns wohl am meisten kennt, ist die Initiative gegen die Vorratsdatenspeicherung, die wir vor dem EuGH zu Fall gebracht haben. Damals haben wir mit „zeichnemit.at" eine Online-Petition ins Leben gerufen, mit der 106.067 UnterzeichnerInnen erreicht werden konnten. Eine mit 11.139 Individualbeschwerden unterstützte Klage kam vor den Verfassungsgerichtshof. Im April 2014 erklärte der EuGH die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig. Erstmals ist in Europa eine Richtlinie zur Gänze und nicht nur in einzelnen Bestimmungen aufgehoben worden. Mehr über Vorratsdatenspeicherung kannst du hier erfahren.

 

2. Die gesetzliche Absicherung der Netzneutralität

Unser Einsatz für Netzneutralität, unter anderem im Rahmen der SaveTheInternet.eu Kampagne, hat sich voll ausgezahlt. Über 40.000 Faxe wurden im Rahmen der Kampagne an die Büros der Abgeordneten verschickt und weil das Faxgerät gleichzeitig auch der Drucker ist, wurde so ein anfassbares Symbol des Willens der Bevölkerung zu den Abgeordneten gebracht. Durch all diese Anstrengungen haben wir es geschafft, in erster Lesung des Europaparlaments den Vorschlag der Kommission grundlegend abzuändern und mit dem neuen Gesetzestext echte Netzneutralität zu garantierten. Der Kampf ist aber noch nicht zu Ende. Gerade mit der Einführung von 5G entstehen neue Netzneutralitätsregeln, bei deren Entstehung wir uns wieder in die Debatte eingebracht haben. Diesmal ist auch Deep Packet Inspektion ein Thema. Lies mehr darüber hier

Im Februar 2019 haben wir zudem unsere Netzneutralität-Studie präsentiert, die europaweit aufgegriffen wurde: Wir haben uns ganz genau angesehen, wie sich Provider in Europa angesichts der Netzneutralitätsregeln verhalten und wie die nationalen Regulierungsbehörden damit umgehen. 

3. Der Bundestrojaner in drei Akten

Dass der Verfassungsgerichtshof den Bundestrojaner im Dezember 2019 für verfassungswidrig erklärt hat, war ein langer und steiler Weg, den wir maßgeblich geebnet haben. In Zusammenhang mit dem Bundestrojaner sind den meisten wohl die Bilder unseres hölzernen trojanischen Pferdes in Erinnerung geblieben. Noch während dieser Aktion, die im Sommer 2016 stattgefunden hat, hat der damalige Justizminister zugestanden, dass der Vorschlag zur Einführung des Bundestrojaners schwere Mängel aufweise und hat angekündigt, angesichts der Kritik den Vorschlag nicht weiter zu verfolgen. 2017 wird die Idee des Bundestrojaners wieder aufgegriffen (von Sobotka), in einer spontanen Aktion haben wir eine Demonstration vor dem Bundeskanzleramt organisiert. Unsere Kampagne gegen das gesamte Überwachungspaket startete kurz danach. Durch vorzeitig ausgerufene Neuwahlen mussten die Pläne der Regierung vorerst pausieren. Nur eine Verschnaufpause, denn der nächste Innenminister (Kickl) griff die Pläne schnell wieder auf. Neos und SPÖ brachten eine Drittelbeschwerde vor den Verfassungsgerichtshof, der im Dezember 2019 dann endgültig den Bundestrojaner begrub.

 

4. Überwachungsgesamtrechnung

Schon immer haben wir von der Regierung gefordert, eine Überwachungsgesamtrechnung zu erstellen. Darunter kann man sich eine Evaluierung aller Anti-Terror-Gesetze vorstellen. Da Sicherheitspolitik aus unserer Sicht faktenbasiert orientiert sein sollte, wäre eine Analyse bestehender Überwachungsmaßnahmen sinnvoll. Dieses „Handbuch Überwachung“ befindet sich nun in einer zweiten, überarbeiteten Auflage und wird demnächst erscheinen. Es dient als Grundlage zur Evaluierung von Gesetzen und ist ein Beitrag für eine wirkungsorientierte Gesetzgebung. Hier kannst du mehr darüber lesen. 

5. NIS-Gesetz

Wir bringen uns oft ein, wenn Gesetze begutachtet werden. Manchmal ist das auch von Erfolg gekrönt, auch wenn sich dieser zumeist im Detail versteckt. Wir haben einige Verbesserungen vorgeschlagen, von denen einige auch angenommen wurden. Unseren Forderungen nach besserem Datenschutz wurde nachgekommen. Problematisch bleibt weiterhin allerdings die Ansiedlung der NIS-Agenden im Innenministerium. Hier erfährst du mehr darüber: Gesetz für die Sicherheit der Infrastruktur mit unseren Forderungen beschlossen. 

6. Unsere Kampagne gegen Uploadfilter

Am Ende haben sie doch gesiegt, die Uploadfilter. Die Abstimmung im EU-Parlament hat nicht den erhofften Erfolg gebracht, denn die Urheberrechtsrichtlinie wurde beschlossen

Unsere Kampagne war jedenfalls trotzdem erfolgreich: pledge2019.eu war eine Website, mit deren Hilfe man kostenlos im EU-Parlament bei einzelnen Abgeordneten anrufen konnte. Mehr als 72 Stunden haben Anrufer*innen mit EU-Abgeordneten und deren Mitarbeiter*innen telefoniert. Unser Ziel war es, EU-Abgeordneten angesichts der anstehenden EU-Wahl klarzumachen, dass sie nur dann gewählt werden, wenn sie gegen die Richtlinie stimmen.

7. Aufstand gegen das Überwachungspaket

Das als „Sicherheitspaket“ eingeführte Maßnahmenpaket konnte von uns auch medial so benannt werden, wie es inhaltlich korrekt war: ein umfassendes Überwachungspaket. Wir haben es nicht nur inhaltlich analysiert, sondern haben Punkt für Punkt sachliche Kritik an den Maßnahmen gebracht, eine Demo organisiert und die Zivilbevölkerung über die konkreten Pläne aufgeklärt. Neben dem Bundestrojaner war auch verstärkte Videoüberwachung, Straßenüberwachung, Registrierung von Prepaid-SIM-Karten und die Beschränkung des Briefgeheimnisses Teil des Überwachungspakets. Bis heute beschäftigen uns Teile des Pakets intensiv. Mehr als 9000 Stellungnahmen wurden über das neu eingeführte Tool des Parlaments für Stellungnahmen gesammelt, nachdem wir dazu aufgerufen haben. Mehr zum Überwachungspaket

8. Pending: Beschwerde gegen die Fluggastdatenspeicherung

Leider noch ohne Ausgang und deshalb noch nicht als Erfolg zu verbuchen, ist unsere Beschwerde gegen die Fluggastdatenspeicherung. Gelungen ist uns allerdings immerhin, in der Zwischenzeit mehr über die Umsetzung der PNR-Richtlinie in Österreich in Erfahrung zu bringen und mit einigen Beschwerdeführer*innen eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen. Diese wird nun in weiterer Folge Rechtsfragen an den EuGH richten. Wir sind gespannt und erwarten, dass die Richtlinie zur Gänze gekippt wird. Auch an der österreichischen Umsetzung haben wir etwas zu bemängeln.  Neben Österreich sind auch Deutschland und Belgien mit Beschwerden gegen die Richtlinie beschäftigt. Mehr zur Fluggastdatenspeicherung findest du auf unserer Themenseite.

9. Kampagne „Stoppt das Staatschutzgesetz“

2015 wurde ein Entwurf für die Einrichtung eines unkontrollierten Geheimdienstes - Polizeiliches Staatsschutzgesetz (PStSG) - veröffentlicht. Wir haben uns gleich an die Arbeit gemacht und eine kritische Stellungnahme veröffentlicht und die Kampagne „Stoppt das Staatsschutzgesetz!“ ins Leben gerufen. Auf staatsschutz.at konnte man unsere Kritikpunkte nachlesen und gegen dieses neue Gesetz unterzeichnen. Über 30.000 Menschen haben diese Möglichkeit genutzt. Bei der Pressekonferenz zum Start der Kampagne war auch der Präsident der Österreichischen Rechtsanwaltskammer anwesend und kritisierte das Gesetz, das 2016 trotz weitreichender Kritik in Kraft getreten ist. Unsere Protestaktion vor dem Parlament war jedenfalls ganz medienwirksam: Mit Ballons haben wir eine Überwachungskamera auf das Parlamentsgebäude gerichtet.

10. Analysen von Partei- und Regierungsprogrammen

Wir haben nicht nur im Auge, was die jeweils aktuelle Regierung so macht, sondern analysieren vor Wahlen auch die Parteiprogramme und scannen sie nach netzpolitischen Themen. Beim Wahlbarometer 2019 haben wir zudem jeder Partei zehn konkrete Fragen zu aktuellen netzpolitischen Themengebieten gestellt und die Antworten in einem Ampelsystem dargestellt. Nach dem Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und den Grünen haben wir uns auch das Regierungsprogramm ganz genau angeschaut und unsere Einschätzung dazu veröffentlicht

 

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