UN Cybercrime Convention - Wir sind aktiv für einen guten Vertrag
UN Cybercrime Convention – es geht weiter
Wir hatten bereits im Jänner einen Blogpost veröffentlicht, in dem wir zusammengefasst haben, was uns bei den Verhandlungen bei der UN in Wien zur Cybercrime Convention erwartet.
Seit Dienstag, den 11.04.2023 finden in der UN in Wien wieder Verhandlungen zur UN Cybercrime Convention statt. Tanja Fachathaler, Policy Advisor von epicenter.works, und Thomas Lohninger waren täglich vor Ort, denn es gibt viele Punkte, die in Zukunft unsere digitalen Rechte massiv einschränken könnten. In einer starken Koalition gemeinsam mit den größten netzpolitischen NGOs der Welt haben wir viel interveniert, veranstaltet, eingereicht und mitverhandelt, um das zu verhindern.
Das Potenzial des Vertrags
Die UN Cybercrime Convention hat das Potential, Strafgesetzbücher überall auf der Welt umzuschreiben. Damit wird ein weltweiter Standard gesetzt, welche Überwachungsgesetze Staaten haben sollen und festgelegt, was Straftaten in Verbindung mit einem Computer ausmacht. Die größte Veränderung könnte es aber im Bezug auf den Zugriff von Staaten auf personenbezogene Daten geben, denn die Konvention schafft eine weltweite Norm, wie Strafverfolgungsbehörden künftig grenzüberschreitend kooperieren.
Wir begleiten diesen Prozess schon recht lange. Bereits im Vorfeld der vierten Verhandlungsrunde gab es einen gemeinsamen offenen Brief von 89 NGOs aus 45 Staaten, der konkrete Vorschläge zur Verbesserung des Vertragstextes macht. Das aktuelle Zusammentreffen der Stakeholder und Nationen in Wien ist die fünfte Verhandlungsrunde. Der Prozess geht nun in die heiße Phase.
Alle 193 Staaten dieser Welt sind im Plenum vertreten. Wir konnten unseren Forderungen schon mehrmals mit Wortmeldungen und konkreten Änderungsvorschlägen Gehör verschaffen. Abseits des offiziellen Teils wird informell gesprochen, Allianzen werden gebildet und gepflegt. Am Mittwoch, den 12.04.2023 haben wir dazu gemeinsam mit unseren Partner-NGOs ein Civil-Society-Dinner veranstaltet und konnten mit ca 60 Staatenvertreter:innen aus 20 Ländern über die Bedeutung von Menschenrechten im Rahmen der Verhandlungen sprechen. Das Dinner war ein voller Erfolg und konnte hoffentlich einen Gegenpol zu den Forderungen von Interpol und anderen setzen.
Am Donnerstag, den 13.04.2023 veranstalteten wir eine Pressekonferenz im Presseclub Concordia, ebenfalls in Zusammenarbeit mit unseren vier Partnern, der Electronic Frontier Foundation, Access Now , Article 19 und Global Partners Digital. Mit diesem hybriden Presse-Event wollten wir den Verhandlungen endlich zu dem öffentlichen Interesse verhelfen, das der Vertrag verdient. So wichtige Fragen sollten nicht ohne eine kritische Öffentlichkeit entschieden werden.
Mitschnitt aus dem Presseclub Concordia:
Wir hoffen, dass unsere Kritik und Verbesserungswünsche Eingang in die Cybercrime Convention finden. Als Teil einer großen Koalition aus starken zivilgesellschaftlichen Organisationen ist es unser Ziel, dass die Menschenrechte im finalen Vertrag geschützt werden. Zu diesem Zweck haben wir während der intensiven Verhandlungswochen auch eine Abendveranstaltung mit Delegationen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft organisiert. Dieser Text darf nicht dazu führen, dass Datenschutz weltweit abgeschwächt wird und Europa seine hohen Schutzstandards aufgeben muss.
Unterschiedliche Ansichten und Mitsprache
Die Verhandlungen sind so spannend wie ein Krimi. Es liegt in der Natur der Sache, dass es nicht einfach ist, über kulturelle Grenzen hinweg eine Einigung zu so weitreichenden Themen zu finden. Aber manchmal zeigen selbst diplomatische Verklausulierungen das eigentliche Problem recht deutlich. Ägypten störte sich beispielsweise an der Häufung des Worts „Menschenrechte“. Es gab eine Nachfrage, warum das Wort so oft in der Konvention auftaucht und was das denn mit dem Thema der Cybercrime zu tun habe. Russland nutzte die Bühne bei der UN trotz der knappen Redezeit für eine Rede in guter Filibuster-Manier, in der es weniger um das eigentliche Thema, als die Rolle der UN in den internationelen Beziehungen an sich ging. Aber immerhin sind heutzutage NGOs und die Zivilgesellschaft zugelassen. Das ist ein großer Fortschritt zu früheren Verhandlungen, als sich lediglich die Politik über so grundliegende Verträge unterhielt.
Wir hatten auch dreimal die Möglichkeit zu sprechen. Policy Advisor Tanja Fachathaler hatte am 17. April 2023 einige Minuten, um unsere Bedenken zum Kapitel IV („International Cooperation“) vorzutragen (Youtube-Link). Am 18. April machte sie in einer weiteren Intervention auf die Probleme bei Kapitel V („Technical Assistance“) aufmerksam (Youtube-Link) und am 20. April in einem Statement zur Präambel (Youtube-Link) darauf, dass die Konvention an keiner Stelle existierende Menschenrechtsstandards unterschreiten darf.
Um die Dringlichkeit unserer Forderungen weiter zu verdeutlichen, haben wir gegen Ende der fünften Verhandlungsrunde auch einen gemeinsamen Brief mit 13 anderen Vertereter:innen von Menschenrechts-NGOs und Menschenrechtsexpert:innen an das AdHoc-Komitee verfasst
Warum ist der Vertrag so wichtig?
Der UN Cybercrime Treaty, wie die Konvention auch genannt wird, ist ein wichtiges Instrument, um den Umgang von Strafverfolgungsbehörden in Punkto Datenweitergabe, Vollzug und Umgang mit Verbrechen im digitalen Raum (Cybercrime) in der internationalen Zusammenarbeit zu regeln. Aktuell gilt zu diesen Themen die Budapest Convention aus dem Jahr 2001. Natürlich ist diese technisch heutigen Standards nicht mehr gewachsen. Deshalb ist es sehr wichtig, eine Einigung zu finden, die von allen akzeptiert wird und die Datenschutz und Menschenrechte wahrt – und vor allem: eine Konvention, die über dem doch recht niedrigen Datenschutz- und Menschenrechts-Standard der alten Einigung ist.
Das ist ein internationales Anliegen, das v.a. auch in unserer Zusammenarbeit mit anderen NGOs Eingang findet. Deshalb waren wir auch Teil einer Pressekonferenz in spanischer Sprache, die am 18. April 2023 in unserem Büro stattfand.
Wir bleiben dran und werden weiter berichten.
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