In einer Pressekonferenz hat die EU-Kommission heute das Ende der Privatsphäre und des Briefgeheimnisses im Internet in Europa eingeleitet. Mit einem neuen Gesetzesvorschlag sollen Hosting- und Messengeranbieter dazu verpflichtet werden, die Inhalte ihrer User mit fehleranfälligen Uploadfiltern nach potenziell illegalen Inhalten zu durchsuchen. Die Filter sollen bisher unbekannte Darstellungen von Kindesmissbrauch und sogar Grooming-Versuche vollautomatisch erkennen, an die Behörden weiterleiten und löschen. Die Technologie zur Erkennung dieser Inhalte existiert aktuell nicht und bisherige Versuche sind enorm fehleranfällig. Die automatisierte Durchsuchung aller Nutzerinhalte verstößt gegen das Grundrecht auf Privatsphäre und das Briefgeheimnis. 
 
Mit diesem Gesetzesvorschlag wird die Integrität verschlüsselter Messengerdienste unterwandert. Anbieter dieser Dienste müssen entweder Hintertüren in ihre Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einbauen oder bereits auf dem Endgerät der User mit Filtern die vertraulichen Kommunikationsinhalte durchsuchen sogenannte client-side Filter. Dieses Abschwächen von Privatsphäre kann technisch nicht so gebaut werden, dass sie nur zum Schutz von Kindern herangezogen werden kann. Anders als von Innenkommissarin Johansson in der Pressekonferenz dargestellt, kann das Erkennen dieser Inhalte nur durch das Durchsuchen aller Inhalte von allen Usern funktionieren. 
 
  „Real criminals can easily circumvent this legislation by just moving to self-hosted messengers, the dark web or other jurisdiction. The only ones whose messages will at the end be surveilled are normal European citizens, journalists, doctors, lawyers and Whistleblowers. If this proposal goes through, the days in which the EU was leading on data protection are over.“ (Thomas Lohninger, Executive Director, epicenter.works) 
 
Mit diesem Schritt kann sich deshalb niemand mehr auf die Vertraulichkeit seiner elektronischen Kommunikation verlassen. Das betrifft auch Berufsgruppen, die einer besonders geschützten Vertraulichkeit unterliegen, wie etwa Journalist*innen, Ärzt*innen, Rechtsantwält*innen, oder auch Whistleblower*innen, die durch dieses Gesetz künftig in einem unverhältnismäßigen Maß in ihrer elektronischen Kommunikation gefährdet sind.
 
Erste Reaktionen zum Gesetzesvorschlag: 
 

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