Datenschutzmängel bei Zweitwohngesetzen
Heute am 26.04.2022 soll im steirischen Landtag das steiermärkische Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabegesetz (StZWAG) ohne Begutachtungsverfahren, weil als Initiativantrag eingebracht, beschlossen. Warum das problematisch ist, lest ihr hier.
Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass Anreize geschaffen werden, um Leerstand zu vermeiden und damit leistbaren Wohnraum zu schaffen. Datenschutzrechtlich ist das geschaffene Gesetz jedoch bedenklich.
Als Vorlage für das steirische Gesetz diente das Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabengesetz ("ZWAG") Salzburg. Salzburg war das erste Bundesland, welches einen solchen Gesetzesentwurf erstellt, diesen aber noch nicht beschlossen hat.
In der Begutachtungsphase des ZWAG Salzburg wurden zahlreiche Stellungnahmen der Ministerien und des Salzburger Verfassungsdienstes abgegeben, welche gravierende datenschutzrechtliche Bedenken aufgezeigt und eigentlich auch entsprechende Lösungen angeboten haben.
Offnsichtlich hat sich die Steiermark nicht mit dem Inhalt dieser Stellungnahmen beschäftigt und den Gesetzesentwurf mehr oder weniger wortgleich übernommen. Da es sich bei dem steiermärkischen ZWAG ("StZWAG") um einen Initiativantrag handelte, gibt es, im Unterschied zu Salzburg, keine öffenltiche Begutachtung des Gesetzes. Auch das ist angesichts der bestehenden Einwände bedenklich und wirft peinliche Fragen für das Land Steiermark auf.
Problematisch ist ferner, dass die geäußerten Bedenken nicht nur komplett ignoriert werden, sondern auch dass durch unpräzise Begriffe effektive die Vollziehung des Gesetzes sehr fraglich ist. Damit wird die Akzeptanz in der Bevölkerung - immerhin handelt es sich um eine neue Abgabe - nicht unbedingt erhöht. Abgesehen von dem kritisch zu betrachtenden formalen Zustandekommen des Gesetzes, haben wir spezielle datenschutzrechtliche Bedenken.
Mehr Daten als gebraucht werden
§ 13 Abs 1 und Abs 2 StZWAG sieht vor, dass Verantwortliche (das sind Gemeinden und das Magistrat der Stadt Graz) zum Zweck der Erhebung der Abgaben, Daten verarbeiten dürfen. Dabei handelt es sich um Name, Geschlecht, Geburtsdaten, Erreichbarkeitsdaten, Wohnsitzdaten oder sonstige Adressdaten und um die Bankverbindung.
Die Notwendigkeit der Angabe der Bankverbindung zur Erhebung der Abgabe erschließt sich uns aus dem Gesetz nicht. Schon das Justizministerium bemängelte im Zusammenhang mit dem hier gleichlautenden salzburger Gesetzesentwurf, dass der Zweck der Verarbeitung der genannten Daten präzisiert werden und angegeben werden soll, wozu die einzenen Datenarten benötigt werden. Leider hat die Steiermark auch hier die Kritik nicht eingearbeitet, sondern copy-paste die gesetzlichen Formulierung von Salzburg abgeschrieben: "sodern dies zum Zweck der Erhebung der nach diesem Gesetz geregelten Abgaben erforderlich ist". Damit geht der Zweck der Verarbeitung nicht klar hervor und es ist auch nicht ersichtlich, woher die Daten stammen.
Zu allem Überfluß bewertete bereits der Salzburger Verfassungsdienst die Notwendigkeit der Verarbeitung der Bankverbindungsdaten als "überschießend".
Unklare Empfänger für die Daten
§ 13 Abs 3 StZWAG sieht vor, dass die in Abs 1 genannten Verantwortlichen (Gemeinden und das Magistrat der Stadt Graz) diese personenbezogenen Daten nach dem Bestimmungen dieses Gesetzes verarbeiten dürfen, aber die Daten auch an "die mit der Vollziehung der bau- und raumordnungsrechtlichen Rechtsvorschriften betrauten Behörden übermittlet werden dürfen". Auch hier ist nicht erkennbar, zu welchem Zweck diese Daten verarbeitet werden dürfen. Ähnliches wurde bereits zum in dieser Passage weitgehend wortgleichen Gesetzesentwurf in Salzburg bemängelt: Laut Stellungnahme des Justizministeriums ist hier im Hinblick auf den Zweckbindungsgrundsatz, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und dem Gebot der Datenminimierung jedenfalls zu regeln, zu welchem Zweck diese Daten verarbeitet werden sollen. Die Formulierung "Zweck der Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben" ist zu allgemein gehalten und bedarf jedenfalls einer Konkretisierung. Auch nach Ansicht des Bundeskanzleramtes scheint diese Ermächtigung zur Weiterverwendung als zu weitgehend da eine Begründung zur Durchbrechung der Zweckbindung nicht ersichtlich ist.
Löschfrist: Sankt Nimmerlein
§ 13 Abs 4 StZWAG behandelt die Verpflichtung zur Löschung der verarbeiteten Daten. Diese Löschungsverpflichtung wiederholt lediglich die unmittelbar anwendbare unionsrechtliche Löschungsverpflichtung nach der DSGVO. Nach Meinung des Justizministeriums zur gleichlautenden Passage im salzburger Gesetzesentwurf sollte vielmehr eine konkrete Aufbewahrungsdauer mit nachfolgender Löschungsverpflichtung festgelegt werden. Wir schließen uns dieser Meinung vollinhaltlich an.
Mieter im Fadenkreuz
§ 14 StZWAG regelt, dass Verantwortliche für die Feststellung der Abgabepflicht berechtigt sind, die Angaben des Abgabepflichtigen, über Art, Anzahl und Dauer der Wohnsitze sowie Name und Adresse der dort in den letzten sieben Jahren angemeldeten Personen mittels einer ZMR-Verknüpfungsanfrage zu überprüfen. Auch hier wird nicht präzisiert, weshalb personenbezogene Daten zu den in den letzten sieben jahren in einer Wohnung angemeldeten Personen benötigt werden und ist die Regelung mangels ersichtlichem Zweck und zu langen Fristen jedenfalls überschießend.
Nicht mal eine Ausrede zur Risikoabschätzung
Das Justizministerium bemängelte bereits im salzburger Kontext, dass im Rahmen einer wirkungsorientierten Folgenabschätzung zumindest dargelegt werden muss, ob für die Datenverarbeitung eine Datenschutz-Folgeabschätzung erforderlich ist oder nicht. Auch gegenwärtig ist eine solche Darlegung nicht erfolgt und ist dies jedenfalls erforderlich. Auch wenn die Politik sich sehr gerne vor der Verantwortung einer Datenschutzfolgeabschätzung drücken würde, werden wir nie aufhören diese Verpflichtung aus der DSGVO einzumahnen.
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