e-Impfpass - Opt-Out-Möglichkeit hätte Vertrauen geschaffen
Vor zwei Wochen ist die Novelle zum Gesundheitstelematikgesetz 2012 in Kraft getreten, die eine Einführung eines elektronischen Impfpasses ermöglicht. Damit kann ein zentrales Impfregister geschaffen werden, in welchem alle durchgeführten Impfungen elektronisch dokumentiert werden können. Ziele dieses Projekts sind eine verbesserte Impfversorgung der Bevölkerung, die Schaffung einer genauere Datenbasis zur Steuerung des Gesundheitswesens sowie eine Verringerung des Aufwands für Bürger*innen und der Gesundheitsdiensteanbieter.
Am 16.10. hat das Gesundheitsministerium die eHealth Verordnung erlassen, mit der die Pilotphase für den e-Impfpass eingeläutet wurde. Der elektronische Impfpass wurde schon unter der Bierlein-Regierung vorbereitet und unter Gesundheitsminister Anschober beschlossen. Schon in der Begutachtung des Gesetzes im Jänner 2020, also vor der Pandemie, haben der Datenschutzrat und die Arbeiterkammer die verpflichtende Nutzung dieses Registers für alle Impfungen kritisiert. Die bei dem jetzigen Pilotversuch teilnehmenden Gesundheitsdiensteanbieter müssen ab sofort alle durchgeführten Impfungen zentral speichern, wobei auch bereits vorhandene Impfdaten der Länder in das zentrale Impfregister übernommen werden können.
Kein Opt-Out
Bisher hatten Impfgegner kein gutes Argument, warum sie sich nicht impfen lassen. Mit dem elektronischen Impfpass könnte sich das erstmals ändern. Sollte die Sorge um die eigenen Gesundheitsdaten künftig Menschen von einer Impfung abhalten, kann das kaum im öffentlichen Interesse sein. Wie die Erfahrung der letzten Jahrzehnte gezeigt hat, weckt ein solches zentrales Register Begehrlichkeiten und schafft Missbrauchspotential. Gerade angesichts der hohen opt-out-Rate von ELGA und der kritischen Haltung der Bevölkerung zu staatlicher Datensammlung, sollte die Politik nach der Pilotphase einlenken und das Register optional gestalten.
Eine Widerspruchsmöglichkeit (Opt-out) ist für den elektronischen Impfpass im Gegensatz zu ELGA nicht vorgesehen – die impfrelevanten Daten werden in jedem Fall für sämtliche Impfungen personenbezogen gespeichert. Bürger*innen haben nur das Recht, über die gespeicherten Daten Auskunft zu erhalten und Impfungen selbst in das Impfregister einzutragen. Als Datenschützer*innen kritisieren wir die fehlende opt-out-Möglichkeit. Wäre der Zweck dieses Systems nur die Bekämpfung der Pandemie und würden die Daten gelöscht, wenn sie keine Relevanz mehr haben, könnten wir eine derartige Vorgangsweise vielleicht noch verstehen. Auch kritischen Bürger*innen würde man so nicht das Argument des Zwanges in die Hände legen. Eine Impfung mit mehreren Dosen könnte ein solches Register logistisch notwendig und den Einsatz auch für kritische Menschen nachvollziehbar machen. Der elektronische Impfpass ist aber als permanentes System ausgelegt, das sich auf alle Impfungen erstreckt und nicht nur auf jene gegen gefährlich ansteckende Krankheiten.
Permanentes System für alle Impfungen
Da das geplante System nicht auf die Pandemie beschränkt ist, kann man es auch sehr gut mit ELGA vergleichen. Hundertausende Österreicherinnen und Österreicher haben sich bewusst gegen ELGA entschieden und den opt-out in Anspruch genommen. Obwohl es ebenfalls um sensible Gesundheitsdaten geht, es einen Personenbezug gibt, viele Stellen auf das Register zugreifen können und die Vernetzung mit anderen Datenbanken explizit vorgesehen ist, gibt es keine Möglichkeit, sich der Teilnahme zu verweigern, ausser nicht zur Impfung zu gehen. Ein bereits bestehender opt-out in ELGA führt nur dazu, dass der Arzt nicht auf die Daten des Impfregisters zugreifen kann, gespeichert wird trotzdem jede Impfung.
Derzeit laufen Pilotprojekte auf Länderebene, wie z.B. beim Impfservice der Stadt Wien, das mit der Aktion "gratis Grippeimpfung" begonnen hat das System zu befüllen. Die technische Umsetzung wird von der Firma ATOS GmbH übernommen, das ist das selbe Unternehmen, das auch die Gesichtserkennungsoftware für das Innenministerium bereitgestellt hat.
Eine Debatte über dieses heikle Thema wäre wünschenswert und notwendig gewesen. Anscheinend hat der sozialdemokratische Stadtrat Hacker vor der Wahl nur so getan, als gäbe es eine opt-out-Möglichkeit (derStandard hatte nachgefragt) und erst nach der Wahl die Wahrheit eingestanden. Gerade bei einem heiklen Thema, wie unsere Gesundheitsdaten, sollte die Politik nicht weitere Verwirrung stiften, sondern zu ihren Entscheidungen stehen und in einen offenen Diskurs gehen.
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