Bekanntlich ist der Juni mit all seinen regenbogenfarbenen Events der LGBTIAQ-Community gewidmet, weshalb wir uns angesehen haben, mit welchen Problemen und Spannungsfeldern dieser Teil der Bevölkerung im Internet konfrontiert ist. Denn Diskriminierung hört nicht auf, sobald jemand eine Internetverbindung hat. Viele gesellschaftspolitische Themen haben sich mittlerweile ins Internet verlagert und sind Teil des realen Lebens dieser Community geworden. Am Ende haben wir ein paar Organisationen für dich zusammengetragen, an die du dich als Betroffener und Betroffene wenden kannst. 

Überproportional häufig sind Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle, Asexuelle und queere Menschen Opfer von Cybermobbing und Hass im Netz. Neben Beschimpfungen und Angriffen, denen sie ausgesetzt sind, gibt es noch ein paar Spezialfälle. In diesen Fällen findet die Diskriminierung nicht von öffentlichen Stellen oder vom Gesetzgeber statt, sondern durch andere Userinnen und User.

  • Deadnaming: Wenn sich eine Transgender-Person outet, ist es oft so, dass damit einhergehend ein neuer Name vorgestellt wird, der dem "neuen" Geschlecht entspricht. Oft passiert das bereits beim Outing oder vor oder während der optisch sichtbaren Wandlung. Natürlich fällt es Freunden, der Familie oder Bekannten oftmals schwer, sich daran zu gewöhnen. Wer aber ganz bewusst den falschen Namen der Person verwendet, weil er es nicht akzeptieren will, dass die Person jetzt anders heißt oder weil er der Person Schaden zufügen und sie verletzen möchte, so nennt man das "deadnaming", also das Verwenden des toten Namens. Für die Person ist das oftmals verletzend, weil sie sich nicht in ihrer Existenz akzeptiert fühlt und man ihr somit die Unterstützung für diesen Prozess verweigert. Zudem birgt das Deadnaming die Gefahr, die Person vor anderen als Transgender zu outen, was zu Belästigung, Beschimpfung und merkwüridgen Situationen führen kann. Online passiert das noch häufiger, da dort viele Hemmschwellen niedriger angelegt sind als offline.
  • Zwangsouting: Deadnaming kann ein Teil eines Zwangsoutings sein. In diesem Szenario, das online sehr häufig vorkommt, wird eine LGBTIAQ-Person gegen ihren Willen geoutet. Das heißt, jemand verwendet in einer Diskussion die Sexualität einer Person als Mittel, um diese zu diskreditieren zu versuchen.
  • Aberkennung der Selbstbestimmung: Besonders auf Twitter und in Foren gibt es zu dem Thema sehr häufig auch unter Einmischung Betroffener ein Phänomen, das man sonst nur aus der Abtreibungsdebatte kennt: Die Aberkennung der Selbstbestimmung. "Dein Geschlecht hast du bereits bei der Geburt bekommen" oder "nur das biologische Geschlecht zählt". Dieses Argument ist aber falsch, denn viele Menschen verstehen das Konzept des biologischen Geschlechts falsch und meinen das Geschlecht, das Menschen bei der Geburt zugeordnet wird. Besonders häufig trifft das Intersexuelle, die sich keinem Geschlecht ganz zugeordnet fühlen.
  • Leugnung der Existenz und Pathologisierung: Neben der Aberkennung der Selbstbestimmung gibt es einen radikalen Kreis an Menschen, die überhaupt leugnen, dass es so etwas wie LGBTIAQ gibt und unterstellen den Betroffenen psychische Krankheiten oder Unzurechnungsfähigkeit. Hier wird nicht nur geleugnet, dass es Lesbischsein, Schwulsein, Transgendersein, etc. gibt, sondern auch, dass es zB. Asexualität oder Aromantik gibt. 

Von behördlicher und unternehmerischer Seite gibt es nach wie vor relativ viele Bereiche, die teils vor unreflektierter Diskriminierung strotzen. Was all diese Maßnahmen gemeinsam haben: die Verantwortlichen relativieren sehr oft die Diskriminierung, indem sie argumentieren, dass diese "ja nur einen kleinen Bruchteil der Bevölkerung betrifft" oder das Problemfeld wird heruntergeredet, indem man den Betroffenen unterstellt, sie seine "besonders sensibel"

  • Netzsperren: Neben staatlich verordneten Netzsperren in einigen Ländern, die es in dieser Form in den meisten europäischen Ländern nicht gibt, sind es vor allem Sperren in öffentlichen WLANs oder Unternehmens-Netzwerken, die LGBTIAQ-Menschen vor Herausforderungen und aber auch ganz konkrete Diskriminierungsszenarien stellen. So ist beispielsweise das WLAN der Österreichischen Bundesbahnen für Dating-Apps wie Tinder offen, Gay Dating Apps werden hingegen blockiert. In Großbritannien waren durch die staatlich verordneten "Pornofilter" beispielsweise auch sehr viele Aufklärungsseiten im Internet gesperrt, die sich vorwiegend auch mit dem LGBTIAQ-Themenkomplex auseinandersetzen.
  • Klarnamenspflichten: Die verpflichtende Angabe des echten Namens, wie er im Ausweisdokument steht, führt ebenfalls zu Deadnaming. Neben Plattformen wie Facebook haben auch Datingplattformen wie OKCupid diese Hausregel, sodass es Transgender-Personen immer schwerer fällt, sich mit ihrem gewollten Namen bei diesen Diensten anzumelden. Nämlich vor allem dann, wenn der gewählte Name noch gar nicht behördlich eingetragen ist. Aufgrund des Vornamens werden dann Menschen in ihrer geschlechtlichen und/oder sexuellen Identität nicht nur eingeschränkt, sondern auf falsch verstanden (misgendering).
  • Zwingende binäre Angaben: Die meisten Services, die ein Formular in irgendeiner Form zur Verfügung stellen, bieten nur ein "männlich" oder "weiblich" als Auswahloption beim Geschlecht an. Da diese Angabe meist ohnehin völlig irrelevant ist (außer bei Dating-Apps), könnte man die Anrede bzw. das Geschlecht einfach selbst eintragen lassen, mehr Auswahloptionen anbieten oder gänzlich drauf verzichten.

Zu guter Letzt möchten wir dich darüber informieren, dass alles, was im Internet passiert, Teil des realen Lebens ist und auch reale Auswirkungen hat. Menschen fühlen sich verletzt, egal ob sie online oder offline beleidigt oder runtergemacht oder diskriminiert werden. Bei diesen Organisationen kannst du dich gut, kostenlos und individuell beraten lassen:

L&G: https://www.hosiwien.at/ (Homosexuelle Initiative Wien) und andere lokale HOSI Gruppen siehe https://www.hosiwien.at/links/

B: http://www.visibility-austria.at/ (visiBi*lity Austria)

T: http://transgender-team.at/ (TTA – Transgender Team Austria) und http://www.trans-austria.org/trans-austria/ (Trans-Austria)

I: https://vimoe.at/ (verein intergeschlechtlicher menschen österreich)

Q: https://queerbase.at/ (Queerbase)

+: https://www.rklambda.at/index.php/de (Rechtskomitee Lambda) und https://www.courage-beratung.at/ (COURAGE - die Partner*innen-,

Familien- & Sexualberatungsstelle)

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