Unsere Einschätzung zum geplanten österreichischen NetzDG
Das von der Regierung am Donnerstag angekündigte Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist noch nicht sehr detailliert und wie immer wird der Teufel genau dort stecken. Die Maßnahmen haben alle viel positives Potential, könnten aber auch enorm Gefährlich für die Meinungsfreiheit werden. Begrüßenswert ist es natürlich, dass Plattformen eineN ZustellungsbevollmächtigteN bekommen sollen und dass die Staatsanwaltschaften mehr Ressourcen erhalten, um in Zukunft kompetenter bei der Beurteilung einzelner Fälle zu werden. Da es kein klares Nein von Edtstadler zur Klarnamenpflicht oder einem Digitalen Ausweiszwang gab, werden wir uns ganz genau ansehen, was hier geplant ist, da es in der Vergangenheit bereits Versuche gab, diese über das Medienrecht einzuführen.
Sehr positiv sehen wir die Aufnahme von Upskirting ins Strafrecht, allerdings wird hier noch zu klären sein, ob nur die Aufnahme des Fotos ein Straftatbestand sein wird oder auch die Weitergabe. Auch die Ausweitung des Verhetzungs-Paragrafen und Cybermobbing-Paragrafen klingt zunächst gut, die Details muss man jetzt wirklich geduldig abwarten.
Unklar ist uns auch, wie die üblen Nachrede in der Praxis gehandhabt werden soll. Zunächst gab es die Vermutung, es zum Offizialdelikt zu machen, was Zadić allerdings verneinte - es sollen aber Erleichterungen der Verfolgung für einzelne kommen. Keinesfalls darf Österreich Online-Plattformen dazu verpflichten, alle Nutzerinhalte auf Straftatbestände zu scannen. Eine solche generelle Überwachungspflicht ist europa- und grundrechtswidrig.
Gefahr des Overblockings
In diesem Gesetz ist es enorm wichtig die richtige Balance zu finden, zwischen der Verantwortung von Plattformen und dem freien Mitmachen-Internet, wie wir es kennen. Das Ziel muss die Qualitätssteigerung der Inhaltsprüfung von Plattformen sein, ohne diesen Firmen noch mehr Macht über die Entscheidung über die Illegalität von Inhalten zu geben. Nur ordentliche Gerichte sollten die Letztentscheidung in diesen Fragen treffen.
Ein guter Weg dazu ist die Meldeprozedur von ungewollten Inhalten zu regeln. Dazu hat Österreich europarechtlich auch die Möglichkeit. Auf platformregulation.eu haben wir aufgeschrieben, wie das grundrechtskonform machbar wäre und unsere diesbezüglichen Vorschläge wurden vom Europaparlament bereits aufgegriffen.
Prinzipiell soll in den nächsten Jahren der Digital Service Act der EU online Plattformen regulieren. Da europäische Prozesse aber lange dauern, ist es per se nicht schlecht, dass Österreich hier vorgreift. Wie sehr das dann mit dem Ergebnis im EU-Prozess harmonieren wird, ist natürlich jetzt nicht vorhersehbar und ein nationaler Alleingang zum Nachteil der Meinungsfreiheit könnte schnell vom Höchstgericht zurückgenommen werden. Genau das ist vor wenigen Wochen mit dem französischen Avia Law passiert, das ebenfalls sehr kurze Löschfristen vorgesehen hat. Anders als beim deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz, dass hoffentlich kein Vorbild für Österreich ist, sollte man hier auch Meinungsfreiheit und das Problem des Overblocking nicht ignorieren.
Wir waren erst vor zwei Wochen bei Ministerin Edtstadler im Bundeskanzleramt zu Gast und haben unsere Empfehlungen zu diesem Gesetz geäußert. Wir hoffen, es gibt eine ausreichend lange Begutachtungszeit für dieses Gesetz. Uns steht ein heißer netzpolitischer Sommer bevor!
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