Europäische Staatsanwaltschaft

Das geplante Bundesgesetz zur Durchführung der Europäische Staatsanwaltschaft, kurz EUStA-DG, dient der Durchführung einer europäischen Verordnung , welche die europäische Staatsanwaltschaft geschaffen hat. Eine Verordnung gilt grundsätzlich unmittelbar. Das bedeutet, dass sie nicht erst in nationales Recht umgesetzt werden muss, um Rechte und Pflichten zu begründen. Eine Richtlinie erfordert demgegenüber ein Tätigwerden des nationalen Gesetzgebers. Er muss diese erst in nationales Recht gießen, welches dann seine Wirkungen entfaltet. Zwar handelt es sich bei der gegenständlichen VO (EU) 2017/1939 um eine europäische Verordnung und gilt damit unmittelbar. Sie erfordert jedoch Anpassungen des bestehenden Rechtsrahmens, weshalb ein nationales Tätigwerden erforderlich ist. Zu diesem Zweck wurde das EUStA-DG vorgeschlagen. 

Eine weitere Besonderheit dieser Verordnung ist, dass sie nicht alle Mitgliedstaaten der Union bindet. Nachdem weder im Rat der Europäischen Union noch im Europäischen Rat Einigkeit über eine generelle Verordnung erzielt werden konnte, beschlossen mehrere Mitgliedstaaten die Schaffung der EUStA in einer „verstärkten Zusammenarbeit“. Im Rahmen einer solchen „verstärkten Zusammenarbeit“ können mindestens neun Mitgliedstaaten gemeinsame Regelungen einführen, ohne die übrigen Mitgliedstaaten zu binden diese Regeln ebenfalls anzuwenden. Damit sollen Blockaden überwunden werden, die entstehen, wenn ein Vorschlag von einzelnen Ländern blockiert wird. 

Die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) ist eine unabhängige europäische Behörde, die für die Verfolgung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union zuständig ist. Hierzu führt sie Ermittlungen, ergreift Strafverfolgungsmaßnahmen und nimmt vor den zuständigen Gerichten der Mitgliedstaaten die Aufgaben der Staatsanwaltschaft wahr.

Das EUStA-DG enthält selbst kaum datenschutzrechtliche Bestimmungen, ganz im Gegensatz zur Verordnung selbst. Im achten Kapitel finden sich mit den Artikeln 47 bis 89 ausführliche Regelungen zum Datenschutz, die weitgehend dem bereits bestehenden Rechtsrahmen in diesem Bereich entsprechen. Positiv hervorheben wollen wir insbesondere die starke Einbindung des/der Europäischen Datenschutzbeauftragten, der/die die Einhaltung der Datenschutzvorschriften durch die EUStA beaufsichtigt. Er/Sie ist unter anderem zuständig für die Überwachung der Einhaltung der Verordnung zum Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten betroffener Personen und prüft Beschwerden wegen behaupteter Datenschutzverletzungen. Außerdem arbeitet der/die Europäische Datenschutzbeauftragte eng mit den nationalen Datenschutzbehörden zusammen. 

Lebewohl Rechtsschutzbeauftragte*r

Kritisch sehen wir hingegen den § 13 EUStA-DG, demzufolge im Ermittlungsverfahren der EUStA die Zuständigkeiten des/der Rechtsschutzbeauftragten entfallen. 

Der/die Rechtsschutzbeauftragte (§ 47a StPO) ist ein neutrales Kontrollorgan, das mit der Wahrung der Rechte Betroffener betraut ist. Der/die Rechtsschutzbeauftragte genehmigt einzelne Ermittlungsmaßnahmen und kümmert sich um den Schutz der Rechte der Betroffenen im gesamten Verfahren. Die Rolle des/der Rechtschutzbeauftragten wurde anlässlich der Einführung besonders intensiv in Grundrechte eingreifender Ermittlungsmaßnahmen geschaffen, um die Rechte und Freiheiten verdächtigter und beschuldigter Personen hinreichend zu wahren. Dabei geht es insbesondere um geheime Ermittlungsmaßnahmen, die einen besonders intensiven Grundrechtseingriff darstellen. Es ist bei solchen Maßnahmen die Aufgabe des/der Rechtsschutzbeauftragten, die Rechte der Betroffenen zu wahren und die Ermittlungsmaßnahmen erforderlichenfalls zu begleiten. Der/die Betroffene kann sich selbst mangels Kenntnis gegen geheime Ermittlungen nicht zur Wehr setzen, weshalb dem/der Rechtsschutzbeauftragte*n hierbei eine wichtige Rolle zukommt. 

Die Zuständigkeit des/der Rechtschutzbeauftragten soll mit dem vorgeschlagenen § 13 EUStA-DG nun entfallen. Die Regierung rechtfertigt dies mit Artikel 6 der Verordnung (EU) 2017/1939, wonach die Mitgliedstaaten der EUStA keine Weisungen erteilen dürfen. Ein solches Weisungsrecht kommt dem/der Rechtsschutzbeauftragten jedoch ohnehin nicht zu. Diesem/dieser obliegt vielmehr die Prüfung und Kontrolle verschiedener Ermittlungsmaßnahmen und die Erhebung einer Beschwerde wegen vermuteter Verletzungen von Rechten der betroffenen Personen. Es ist also nicht ersichtlich, weshalb die Zuständigkeit des/der Rechtsschutzbeauftragten gänzlich entfallen sollte. Allenfalls sollte sie dort eingeschränkt werden, wo sie mit der zu sichernden Unabhängigkeit der EUStA in Konflikt steht. 

Der Rechtsschutz Betroffener darf nicht davon abhängen, welche Staatsanwaltschaft die Ermittlungen führt. Der Gesetzgeber hat deshalb einen Ausgleich zu finden, zwischen den Rechtsschutzinteressen der Betroffenen und der zu wahrenden Unabhängigkeit der EUStA. Den gänzlichen Entfall der Zuständigkeit des Rechtsschutzbeauftragten lehnen wir strikt ab. 

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