Nun ist es fix: Das umstrittene Staatsschutzgesetz wird nicht mehr vor der Sommerpause beschlossen. Die vielen kritischen Stellungnahmen und Protestaktionen haben Wirkung gezeigt. Die mehr als 9.100 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Petition auf www.staatsschutz.at und die Demonstrierenden in Wien, Innsbruck und Linz können dies als einen ersten Erfolg verbuchen. Zwar wurden in der aktuellen Version des Gesetzes (Minsterratsbeschluss vom 30. Juni 2015), einige kleinere Reparaturen gemacht, die grundsätzlichen Bedenken des AK Vorrat sind damit aber nicht ausgeräumt. Die fünf Forderungen der Petition sind nach wie vor nicht erfüllt. AKVorrat wird weiter gegen das Gesetz mobilisieren, die Protestaktionen in drei Bundesländern waren erst der Anfang.

Bundeskanzler Faymann hat vergangene Woche nach dem Ministerrat betont, dass das Staatsschutzgesetz ohne Streit beschlossen wurde und wollte dafür gelobt werden. Von unserer Seite gibt es kein Lob für die Tatsache, dass die Bundesregierung Argumente und Protest der Zivilgesellschaft ignoriert", so Thomas Lohninger, Geschäftsführer des AKVorrat. "Besorgte Bürgerinnen und Bürger haben daher bei Aktionen in Wien, Linz und Innsbruck lautstark auf sich aufmerksam gemacht und so zumindest bewirken können, dass das Gesetz nicht wie ursprünglich geplant im Eilverfahren vor der Sommerpause beschlossen wird", so Lohninger weiter.

Zehn neue Geheimdienste
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wird nicht müde, das Überwachungsgesetz in einem positiven Licht darzustellen. Obwohl die darin enthaltenen Regelungen der intransparenten Arbeitsweise von Geheimdiensten entsprechen, stellt die Ministerin das als "ganz normale Polizeiarbeit" dar. Behörden können Überwachungsinstrumente gegen unbescholtene Menschen einsetzen, bevor noch eine Straftat begangen wurde oder ein dringender Tatverdacht besteht. Die Daten sollen in einer "Gefährderdatenbank" lange gespeichert und sogar an ausländische Geheimdienste weitergegeben werden können. Ermittler können sich Zugang zu Redaktionen von Medien verschaffen und diese können nicht einmal gegen die Verletzung des Redaktionsgeheimnisses klagen. 

Neben diesen weitreichenden Befugnissen, die überschießend in Grundrechte eingreifen, ist auch noch mangelhafter Rechtsschutz vorgesehen. "Während man beim eben beschlossenen Bankgeheimnis verstanden hat, dass ein ministeriums-interner Rechtsschutzbeauftragter alleine nicht ausreicht und sich letztlich doch auf richterliche Kontrolle verständigt hat, soll im Bereich des Staatsschutzes – wo es um noch sensiblere Inhalte geht – ein Rechtsschutzbeauftragter genügen", so Christof Tschohl, Obmann des AKVorrat.

AKVorrat rät: Intensives Nachdenken über den Sommer
Der AK Vorrat setzt sich für eine evidenzbasierte Sicherheitspolitik ein und arbeitet an  einem Handlungskatalog zur Evaluierung der Anti-Terror-Gesetze (HEAT). Erste Ergebnisse liegen bereits vor. Der Verein rät der Bundesregierung, sich über den Sommer intensiv damit auseinanderzusetzen und den Gesetzesentwurf so zu ändern, dass behördliche Befugnisse in Einklang mit allgemein anerkannten Grund- und Menschenrechten stehen. In den nächsten Wochen und Monaten werden dank der Unterstützung zahlreicher zivilgesellschaftlicher Initiativen viele weitere Unterschriften für die Petition auf www.staatsschutz.at dazukommen. Die Bundesregierung darf diese Bedenken nicht ignorieren. 

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