Bundestrojaner vor Justizministerium demontiert
Der AKVorrat hat heute gemeinsam mit Expertinnen und Experten des Chaos Computer Club Wien (C3W) einen Bundestrojaner in Form eines lebensgroßen Holzpferdes demontiert. Mit dieser Aktion fordern die beiden Organisationen das Justizministerium auf, die Pläne für den Einsatz staatlicher Spionagesoftware fallen zu lassen. Die grundrechtlichen und technischen Probleme, die ein derartiges Computerprogramm mit sich bringt, sind so schwerwiegend, dass sie auch durch Verbesserungen am Gesetzestext nicht lösbar sind.
Seit das Justizministerium Ende März den Gesetzesvorschlag zur Änderung der Strafprozessordnung und des Staatsanwaltschaftsgesetzes präsentiert hat, hagelt es massive Kritik. Die Pläne zur Überwachung von Nachrichten, die im Zuge eines Computersystems übermittelt werden, sind eigentlich für die Terrorismusbekämpfung gedacht, bringen aber alle Bürgerinnen und Bürger in Gefahr. "Der Bundestrojaner ist ein Sicherheitsbumerang: Anstatt dafür zu sorgen, dass Sicherheitslücken in Computersystemen geschlossen werden, entwickelt der Staat ein Interesse daran, sie offen zu lassen, um Spionagesoftware betreiben zu können", so Thomas Lohninger, der Geschäftsführer des AKVorrat. Die weitere Gefahr liegt darin, dass er von technisch versierten Kriminellen relativ leicht entdeckt werden kann. So können sie die ermittelnden Behörden auf falsche Fährten locken und unbehelligt Straftaten planen beziehungsweise durchführen.
Onlinedurchsuchung kann nicht ausgeschlossen werden
Auch wenn das Justizministerium beteuert, dass der Bundestrojaner nur zur Überwachung von Nachrichten dienen und keine Onlinedurchsuchung damit durchgeführt werden soll, kann technisch gar nicht zwischen Überwachung und Durchsuchung unterschieden werden. Derartige Lösungen sind ein viel gröberer Eingriff in das Grundrecht auf Privatsphäre als der Gesetzgeber behauptet. Der C3W spricht in dem Zusammenhang von einer "Rechtsfiktion" und verweist auf die Ergebnisse der interministeriellen Arbeitsgruppe unter Leitung von o. Univ. Prof. Dr. Bernd-Christian Funk, die bereits 2008 festgestellt hatte, dass eine Onlinedurchsuchung rechtlich nicht zulässig ist.
Massive Kritik von vielen Seiten
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