Digitalsteuer: Die neue Vorratsdatenspeicherung kommt durch die Hintertür
Zusammen mit dem digitalen Ausweiszwang, Uploadfiltern und der e-Evidence-Verordnung wird der Totalüberwachung Tür und Tor geöffnet. Grundrechts-NGO epicenter.works ortet massive Grundrechtsverletzungen und eine Dystopie unserer Gesellschaft.
Die österreichische Bundesregierung hat bereits am Wochenende einen Gesetzesentwurf zu einem Digitalsteuergesetz vorgelegt und heute ihre Pläne zum Ausweiszwang in digitalen Foren veröffentlicht. Beide Vorschläge sind eine massive Grenzüberschreitung in Sachen Datenschutz. Christof Tschohl, Jurist und Vorstand der Grundrechts-NGO epicenter.works kritisiert den Gesetzesentwurfzur Digitalsteuer schon beim Kärntner Datenschutzsymposium am Freitag den 6.4.
„Die Digitalsteuer ist die flächendeckende Vorratsdatenspeicherung der meisten Internetzugriffe“,
so Tschohl.
Bis 9. Mai läuft die – viele zu kurze – Begutachtungsfrist für das Gesetz, wo sich Bürgerinnen und Bürger mit einer Stellungnahme beteiligen können. Auch epicenter.works wird eine ausführliche Stellungnahme ins Parlament einbringen. Schon jetzt lässt sich aber sagen, dass es viele problematische Punkte in dem Entwurfzur Digitalsteuer gibt, im Zentrum steht vor allem die Pflicht zur Speicherung aller Zugangsdaten von Seitenzugriffen sowie Standortdaten der Geräte durch online-Werbeträger wie Facebook und Google.
„Jetzt wird das auf nationaler Ebene erlaubt, was bisher durch E-Privacy verboten wurde und auch dem Datenschutzgrundrecht widerspricht. So wird der Datentopf von allen Seiten ordentlich gefüllt, während der digitale Ausweiszwang die Identität der Nutzer sichern soll. Aufgrund der bevorstehenden e-Evidence Verordnung dürfen dann zB die ungarische oder die polnische Polizei direkt von Providern in Österreich – und zwar ohne Einschaltung der österreichischen Justiz – Daten herausverlangen. Hier ist die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, jeweils für sich und in der Zusammenschau, längst überschritten.“,
so Tschohl weiter.
Gerade die großen Player, die bereits massive Datensammlungen betreiben, haben durch dieses Gesetz auch Anlass zur Freude. Unternehmen wie Google werden damit dazu getrieben, Daten über alle Webseitenzugriffe zu speichern, und das gleich für sieben Jahre. Nichts desto trotz lehnt auch der Providerverband ISPA die Vorschläge mit massiver Kritik an den Grundrechtseingriffen ab und kooperiert dabei mit Vertretern der Zivilgesellschaft. Zusammen mit dem digitalen Ausweiszwang, der bevorstehenden E-Evidence-Verordnung und dem Überwachungspaket als solches scheint die Datensammelei über Bürgerinnen und Bürger geradezu das Motto der aktuellen Bundesregierung zu sein. Für den Ausweiszwang hat epicenter.works bereits in der Vergangenheit Argumente geliefert und verweist zudem auch immer wieder auf Studien aus anderen Ländern wie Südkorea.
epicenter.works wird sich mit Hilfe der Zivilgesellschaft wieder in den Gesetzgebungsprozess einbringen und stellt gerne die Expertise zur Verfügung, um über die Gefahren und Probleme dieses Gesetzes aufzuklären. Die legitimen Ziele, mehr Steuern einzunehmen, die Verbreitung von Hass im Netz einzudämmen und Verbrechen aufzuklären, darf nicht mit einer völligen Aushöhlung von Grundrechten einhergehen.
Da du hier bist!
… haben wir eine Bitte an dich. Für Artikel wie diesen analysieren wir Gesetzestexte, bewerten Regierungsdokumente oder lesen Allgemeine Geschäftsbedingungen (wirklich!). Wir sorgen dafür, dass möglichst viele Menschen sich mit komplizierten juristischen und technischen Inhalten befassen und auch verstehen, dass sie große Auswirkungen auf unser Leben haben. Diese Arbeit machen wir aus der festen Überzeugung, dass wir gemeinsam stärker sind als alle Lobbyisten, Machthabende und Konzerne. Dafür brauchen wir deine Unterstützung. Hilf uns, eine starke Stimme für die Zivilgesellschaft zu sein!
Jetzt Fördermitglied werden