Für Schüler*innen in Österreich gibt es aktuell die zweite Schulschließung. Schon im Frühjahr war Distance Learning als Ersatz für den Unterricht gedacht, begleitet von E-Learning-Tools und Videokonferenz-Lösungen. Das BMBWF hat dazu im März Regeln zum Vorgehen veröffentlicht. Wir haben im Mai bereits kritisiert, dass bei der Auflistung empfohlener Online-Tools im Schuleinsatz Google Classroom gelistet wurde. Viele Lehrer*innen haben zu diesem Zeitpunkt schon Kritik geübt - leider war der Datenschutzbeauftragte im Ministerium lange Zeit für die Fragen und Bedanken der Lehrkräfte nicht erreichbar. 

In Österreich gibt es aber natürlich neben den Online-Plattformen großer US-Konzerne auch Open Source Plattformen, die von den Schulen verwendet werden. Diese haben den Vorteil, dass sie in Österreich gehostet werden und auch hierzulande weiterentwickelt werden. Viele dieser Lösungen sind weitaus datenschutzfreundlicher als Google Classroom oder Microsoft Teams. Eine dieser E-Learning-Plattformen ist eduvidual. 70% der heimischen AHS nutzen diese Software. Doch damit gibt es massive Probleme.

Kein Geld für erweiterte Serverstrukturen

eduvidual ist eine Open Source Software, die - so kann man es vereinfacht sagen - modulartig aufgebaut ist. Somit kann man auch immer wieder neue Features anbinden. Diese Weiterentwicklung kostet Geld. Seit März wäre geplant gewesen, hier weiterzuentwickeln, doch unseren Informationen zufolge hat sich bisher nichts getan. Einer der Gründe dafür: Das Bildungsministerium stellt nicht genug finanzielle Mittel zur Verfügung. Vor allem ist seit der Corona-Lockdowns der Traffic massiv gestiegen, dem man mit einer Erweiterung der Serverstrukturen hätte begegnen müssen. 

Im Juni haben engagierte Lehrer*innen von OSOS („open source - open school“) bereits in einem offenen Brief einen Appell an Bildungsminister Fassmann gerichtet. Darin wird noch einmal gewarnt, sich nicht von US-Konzernen abhängig zu machen. Wir unterstützen diese Forderung Wort für Wort!

50.000 Euro vs. 1,8 Millionen Euro

Zurück zu eduvidual: Der Server, auf dem das Ding läuft, steht im Bildungsministerium. 50.000 Euro bräuchte man einmalig, um die Server zu erweitern. Denn Lehrer*innen, Direktor*innen und Schüler*innen sind massiv frustriert, wenn der Service nicht läuft und steigen - no na - auf stabilere Lösungen um, die leider eben meist von den besagten Konzernen kommen. Das ist auch völlig klar und man kann den Verantwortlichen kaum einen Vorwurf machen. Es muss meist schnell gehandelt werden und es bleibt keine Zeit für kreative Lösungen. Neben den 50.000 Euro bräuchte es aber noch ordentliche Investition, um das Tool nicht nur am Leben zu halten, sondern weiterzuentwickeln. Momentan bekommt die Plattform 155.000 Euro jährlich - das reicht gerade mal für die pädagogische Betreuung des Tools. Zum Vergleich: Accenture hat für die Entwicklung einer neuen Plattform PoDS 1,8 Millionen Euro erhalten. Ganz zu schweigen von den Zahlungen, die das Ministerium an Microsoft tätigt.

Das ist ein Teufelskreis: Kein Geld für unabhängige Plattformen, deshalb wechseln viele auf MS Teams oder Google Classroom und damit besteht für die Politik offenbar keine Notwendigkeit mehr, unabhängige Plattformen zu fördern. 

Wir fordern Bildungsminister Fassmann auf, endlich Geld für unabhängige Lösungen locker zu machen und Österreich ins 21. Jahrhundert zu befördern und zwar JETZT!

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