NGO fordert Aufklärung der Verstrickungen von A1 Telekom Austria Group in Belarus
Die Bürgerrechts-NGO epicenter.works demonstrierte heute vor dem A1 Telekom Austria Gebäude, um auf die Verstrickungen des teilstaatlichen Konzerns in die Internet-Shutdowns in Belarus (Weißrussland) rund um die umstrittene Wahl des Langzeitdikators Lukaschenka hinzuweisen. Begleitet wurde die Demonstration von Attacken des Konzerns gegen die gemeinnützige NGO.
A1 Telekom Austria behauptet in ihrem offenen Brief, das Internet lediglich verlangsamt zu haben. In den ersten Gesprächen mit A1 nach den beginnenden Internet-Shutdowns in Belarus behauptete der Konzern alle Maßnahmen seien gänzlich außerhalb ihres Netzwerks passiert. Wie sich inzwischen aber anhand von Messungen innerhalb des Netzes von A1 Belarus während des Shutdowns zeigt, hat das Unternehmen aktiv an der Sperre einzelner Websites der Opposition und kritischer Medien mitgewirkt. Mit verschiedensten öffentlichen Quellen und Netzwerkmessungen konnten wir deshalb gemeinsam mit Prof. Kavé Salamatian von der Universität von Savoie die Geschehnisse einordnen:
"The data we found indicates active measures by the Belarus government, which are a combination of changes to the routing structure - how data flows through the network - and active interception via Deep Packet Inspection (DPI). These are very sophisticated methods that put Belarus on a short list of countries that can exercise fine granular control over the internet connection of their citizens. This structure has been in place since A1 joined the Belarusian market, which raises questions why a company from an EU country surrenders control of their network to such a government. It must have been clear from the start to A1 that the Belarusian government would do what it did. The questions that need to be answered now are: who has provided the DPI equipment in the network of A1? Is A1 in control of the DPI equipment in their network? What are the government orders that A1 received from the Belarusian government with regards to internet blocking and surveillance measures targeted at their customers?", so Professor Salamatian.
Was jetzt passieren muss: A1 muss endlich aufklären, wie tief ihre Verstrickungen mit der Regierung in Belarus reichen. Dazu müssen die Anordnungen über Sperren und Auskunftsersuchen veröffentlicht werden. Es muss geklärt werden, welche Maßnahmen A1 seit den Protesten der Demokratiebewegung gesetzt hat, auch ob die Daten von Demoteilnehmer*innen oder Oppositionellen ausgeleitet wurden. Sollte das Unternehmen nicht einmal dazu bereit sein, ist es an den Kund*innen von A1, hier in Österreich eine Entscheidung zu treffen. Auch ein in Österreich tätiger Konkurrent von A1 hat sich aktiv aus Märkten zurück gezogen, die rechtsstaatlichen Ansprüchen nicht genüge tun. Andere Mobilfunkanbieter haben sich kritisch mit ihrer eigenen Rolle auseinandergesetzt und sind nach einem Human Rights Impact Assessment zu der Entscheidung gekommen, sich aus Ländern wie Nepal, Kazakhstan, Uzbekistan, Azerbaijan, Georgia, Moldova, und Tajikistan zurückzuziehen.
Wir müssen uns auch die Frage stellen, welche Verantwortung Österreich insgesamt in dieser Krise hat. Die Republik hält 28% der A1 Telekom Austria und profitiert damit über die ÖBAG von den Gewinnen aus Belarus. Österreich gehört zu einen der größten Investoren in Belarus und heimische Firmen wie Raiffeisen, Vienna Insurance Group oder Kapsch hätten es in der Hand, Druck auf jene Klasse auszuüben, die Lukaschenka an der Macht hält. In Großbritanien sind britische Firmen wegen ihrer Verstrickungen in Belarus bereits unter Druck gekommen. In Österreich hat sich vor Kurzem Kanzler Kurz zwar für die Achtung der Menschenrechte in Belarus ausgesprochen, im Rat der EU steht Österreich aber weiter auf der Bremse für weitere Wirtschaftssanktionen.
Wir fordern die Offenlegung der Verstrickungen von A1 mit Belarus und eine Ankündigung von allen österreichischen Firmen, Belarus zu verlassen, wenn das Regime keine freien Wahlen zulässt und weiterhin politische Gefangene nicht frei gelassen werden. Diese Demo war hoffentlich der Start einer schon lange überfälligen Debatte.
© CC BY 4.0 epicenter.works/Rizar.photo
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