In einer Pressekonferenz am Sonntagmorgen haben die Vertreter der Regierungsparteien im kleinen Kreis eine Einigung zum geplanten Staatsschutzgesetz präsentiert. Statt Einbindung von Opposition und Interessensvertretungen, die sich im Zuge des Entstehungsprozesses zu Wort gemeldet haben, wurde hinter verschlossenen Türen verhandelt. Anstelle von richterlichem Rechtsschutz und wirksamer parlamentarischer Kontrolle des Staatschutzes haben die Regierungsparteien vor dem Innenministerium und den Wünschen ausländischer Geheimdienste kapituliert. Die geplanten Änderungen sind vor allem kosmetisch und ändern nichts an der substantiellen Kritik des AKVorrat. Begrüßenswert ist einzig die zentrale Koordination des Staatsschutzes durch das Bundesamt. Statt zehn verteilten Behörden gibt es künftig nur noch ein Bundesamt mit neun Zweigstellen in den Ländern. 

„Der medial als Dreiersenat angekündigte Rechtsschutz findet sich gar nicht im Änderungsantrag, der Rechtsschutzbeauftragte hat lediglich mit seinen Stellvertretern 'eine einvernehmliche Vorgangsweise anzustreben' (§91a Abs. 2 PSTSG) und einer dieser Stellvertreter muss eine richterliche Berufspraxis haben. Mit der von uns geforderten richterlichen Kontrolle hat dies nichts zu tun. Offenbar hat die Regierung heuer beim Bankenpaket selbst erkannt, dass die Kombination von Rechtsschutzbeauftragtem und Richtervorbehalt notwendig ist. Der neue Inlandsgeheimdienst hat weitreichendere Eingriffsbefugnisse und trotzdem gibt es hier einen geringeren Rechtsschutz. Hier zeigt sich wie unausgegoren dieses Gesetz immer noch ist“, sagt Christof Tschohl vom AKVorrat. 

Kapitulation der Regierung vor den Wünschen der Geheimdienste

In der Praxis wird sich am Rechtsschutz kaum etwas ändern. Der Änderungsantrag sieht gar keine gemeinsame Entscheidungsfindung vor, sondern verlangt lediglich, dass der Rechtsschutzbeauftragte sich in grundsätzlichen Fragen zum Staatsschutz mit seinen Stellvertretern „abstimmen” soll. Im Übrigen gab es das verwandte Modell der „Kollegialorgane” mit richterlichem Einschlag in Österreich bereits während der vergangenen 25 Jahre und es wurde mit der großen Verwaltungsreform im Vorjahr aus gutem Grund abgeschafft.

Statt der nötigen parlamentarischen Kontrolle des neuen Geheimdienstes bleibt auch hier alles beim Alten. Die einzige Änderung beschreibt nur, was jetzt schon gelebte Praxis im bestehenden parlamentarischen Unterausschuss ist, und bringt keine neue Kontrolle. Damit kann der Unterausschuss im Parlament weiterhin nur im Anlassfall und nur mit den Stimmen der Regierungsparteien prüfen. Minderheitenrechte, eine routinemäßige Kontrolle oder mehr Transparenz gibt es also nicht. 

Rein kosmetische Verbesserungen trotz massiver Verfassungsbedenken

Positiv zu bemerken ist, dass nun statt zehn föderalen nur noch eine zentrale Staatsschutzbehörde geplant ist. In diesem einen Punkt hat sich die SPÖ gegen die ÖVP scheinbar durchgesetzt. Beim Datenschutz und den V-Leuten wurde überhaupt nicht nachgebessert. Die Analysedatenbank mit den extrem langen Speicherfristen verstößt nach der Ansicht des AKVorrat weiterhin massiv gegen Verfassungsbestimmungen. 

Nach den großen Ankündigungen der Klubobmänner Lopatka und Schieder reichen diese Änderungen bei Weitem nicht aus. Alle Parteien sind sich einig, wie heikel diese Materie ist und dass man hier massiv in die Grundrechte der Bevölkerung eingreift. Ohne weitere Nachbesserungen überlegt sich der AKVorrat deshalb gegen das geplante Staatsschutzgesetz eine Verfassungsklage einzureichen. 

Die Kampagne des AKVorrat gegen das geplante Staatsschutzgesetz wird damit weitergeführt. Mittlerweile haben mehr als 20.000 Menschen die Petition unterzeichnet, deren Forderungen nach wie vor nicht erfüllt sind.
www.staatsschutz.at

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