Seit 12 Jahren versuchen große Internetanbieter unter dem Deckmantel einer „Fair-Share-Debatte“, doppelt für ihre Dienste bezahlt zu werden. Dieses Mal im Fokus ist es die Deutsche Telekom, die eine Datenmaut einführen will und jetzt von Meta (Facebook, WhatsApp, Instagram) zusätzliche Netzgebühren verlangt.

Wie bewegen sich Daten im Internet?

Um die Debatte in ihrer Gesamtheit verstehen zu können, muss man erkären, wie sich Daten im Netz bewegen. Kund:innen bezahlen einen Internetanbieter („Internet Service Provider – ISP“) wie die Deutsche Telekom, damit sie auf beliebige Inhalte im Internet zugreifen können. Dann gibt es zwei Wege, wie die Daten von Inhalteanbietern (z.B. Clouddienste, Video-Streaming Dienste, uvm.) zu den Konsument:innen kommen. Entweder können globale „transit providers“ die Daten über ihre eigenen Netze in alle anderen Netze tragen, oder die Inhalteanbieter können sich mit ISPs mittels „peering“ direkt verbinden. Die bevorzugte Variante ist das Peering, weil es Nutzer:innen bessere Ladezeiten und Verbindungen bietet, da der Zwischenschritt des oft teureren „transit providers“ wegfällt.

In der Datenmaut Debatte beschweren sich ISPs wie die Deutsche Telekom, dass Inhalteanbieter ein teures „unerbittliches“ Wachstum an Datenverkehr generieren, ohne „ihren Beitrag“ zu leisten. Deshalb wollen ISPs, dass Inhalteanbieter sie für die anfallenden Daten in ihren Netzen über teure Transitverbindungen bezahlen.

Widersprüchliche Argumentation der Internetanbieter

Die Argumentation der ISPs zur Datenmaut lässt sich in der Realität allerdings mehr mit einem Haus ohne Fundament vergleichen, das nur mit dem Ziel der Profitmaximierung gebaut wird.

  1. Obwohl die ISPs Recht haben, dass die Menge an Datenverkehr konsistent wächst, wird die Idee, dass daraus riesige Kosten enstehen nicht einmal von ihren eigenen Statistiken unterstützt. Vodafone, ein großer ISP der selbst für Netzgebühren wirbt, schreibt, bei ihnen sei der Datenverkehr „schnell gewachsen,während die Kosten pro GB noch schneller sinken“.

  2. Der Vorwurf der ISPs, dass Inhalteanbieter nicht zum Netz beitragen würden, ist konsequent falsch. Inhalteanbieter investieren nicht nur jährlich hunderte Milliarden Euro in Inhalte, welche die Nachfrage nach Internetzugang (also den Produkten der ISPs) fördern, sondern investieren jährlich auch Milliardenin interne Infrastruktur, die ihre Daten praktisch direkt zur Haustür der ISPs liefert. Das erspart den ISPs jährlich Milliarden an Kosten. Daneben investieren viele Inhalteanbieter auch in effizientere Encodierung, mit der z.B. hochauflösende Videos immer geringere Bandbreiten beanspruchen.

  3. Laut Deutscher Telekom sei es üblich „interconnection fees“ zu fordern, doch auch in diesem Fall zeigen die Statistiken das Gegenteil. 2011 forderten nur 0,27% aller Direktverbindungen “interconnection fees,” und in 2021 nur 0,0004%. Das ist weit weg von üblich.

  4. Die Kund:innen der ISPs bezahlen bereits für ihre Internetverbindung und ihren Datenverkehr. Mit einer Datenmaut würden Inhalteanbieter für dieselbe Verbindung zur Kasse gebeten werden. Das wäre so, als würde man in einem Restaurant für Essen bezahlen, aber der Koch müsste den Kellner noch extra bezahlen, um das Essen auch wirklich zu den Gästen zu bringen.

Netzneutralität in Gefahr

ISPs fordern also trotz sinkender Kosten, robuster Beiträge der Inhalteanbieter und einem laut Regulierungsbehördenfunktionierenden Markt Geld für bereits entlohnte Leistungen.

Selbst wenn die Argumentation für eine Datenmaut, Netzgebühren oder „Fair Share“ nicht auf komplett falschen Annahmen basieren würde, birgt sie immer noch eine erhebliche Gefahr sowohl für einzelne Kund:innen als auch für die Netzneutralität.

Netzneutralität bedeutet, dass alle Daten im Netz gleich behandelt werden – egal, wer sie bereitstellt. Wenn eine Datenmaut eingeführt werden würde, hätten nur die Anbieter mit genügend finanziellen Mitteln die Möglichkeit, ihre Inhalte schnell zu laden. Kleinere Anbieter oder solche, die keine „interconnection fees“ zahlen, würden künstlich verlangsamt. Würde eine Datenmaut also voll umgesetzt werden, müssten Kund:innen mit höheren Kosten, schlechterer Verbindungsqualität und abnehmender Auswahl an Inhalteangeboten rechnen.

Kampf der Giganten

Jetzt bekommt das Thema Datenmaut durch den aktuellen Fall, in den zwei Milliarden-Unternehmen involviert sind, wieder Aufwind. Dieses Mal ist es die Deutsche Telekom, die Meta nach den 2020 gescheiterten Vertragsverhandlungen verklagt hatte, und den Fall als Anlass für die Forderung nach zusätzlichen Netzgebühren nimmt.

Nach dem (noch nicht rechtkräftigen) Urteil, das der Deutschen Telekom in der Sache Recht gab, machte Meta heute das Ende der Peering Beziehung zum deutschen Telekomkonzern öffentlich.

Abgesehen von der Klage sind es v.a. die schädlichen Geschäftspraktiken, wie sie die Telekom anwendet, die am Ende den Kosument:innen schaden, auf die eine zusätzliche Gebühr wieder abgewälzt wird.

Dabei wäre die Lösung so einfach: Regulierungsbehörden müssen jene Geschäftspraxis einiger weniger sehr großer Telekomkonzerne unterbinden, die für die Verbindung mit ihren Netzen horrende Gebühren verlangen und das auf Basis bereits bestehender EU-Netzneutralitätsgesetze. Nur so können die Kund:innen vor so einem Streit der Konzerne geschützt werden.

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