Industrie-Befangenheit von Thierry Breton
In unserem offenen Brief vom 26. Januar 2024 äußern wir ernste Bedenken über das Handeln von Kommissar Breton, der offenbar die Telekommunikationsbranche über die Interessen der europäischen Bürger:innen stellt. Wir verweisen auf Fälle, in denen der ehemalige CEO von France Telecom politische Maßnahmen vorgeschlagen hat, die dem Wettbewerb und den Verbraucherrechten in der Europäischen Union schaden könnten. Aufgrund der Dringlichkeit der Angelegenheit haben wir den Brief allen 705 Mitgliedern des Europäischen Parlaments selbst zugestellt
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Der Verdacht der unzulässigen Einflussnahme begann, als Herr Breton sein Amt antrat, und festigte sich, als er versuchte, die ePrivacy-Reform im Jahr 2019 zurückzuziehen - ein Schritt, der eine zentrale Forderung der Telekommunikationsbranche erfüllen würde. Für die Integrität der EU-Institutionen ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, dass die ernannten Beamteten die höchsten Standards der Unparteilichkeit erfüllen und unbeeinflusst von der Industrie sind. Die Öffentlichkeit erwartet von Kommissar Breton trotz seiner früheren Tätigkeit als CEO von France Telecom, dass er sich in Fragen bezüglich der Telekommunikationsbranche an Neutralität und Objektivität hält.
Besonders besorgniserregend war seine Ankündigung eines neuen "Digital Networks Act" und des erklärten Ziels, die Schaffung einiger weniger "europäischer Champions" zu unterstützen. Herr Breton hat sich damit offiziell auf die Seite der ehemaligen Telekom-Monopolisten und ihrer Forderungen nach Deregulierung des Marktes und Einschränkung des Wettbewerbs im EU-Telekom-Sektor gestellt. Ein Grundpfeiler des europäischen Erfolgs ist die Regulierung zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit. Dieser Ansatz kam den Verbraucher:innen über Jahrzehnte hinweg in Form von erschwinglichen Preisen und hoher Dienstqualität zugute. Kommissar Breton schlägt jedoch eine drastische Änderung der Regulierung des Telekommunikationssektors vor, die darauf abzielt, die Wettbewerbsfähigkeit zugunsten weniger, noch größerer Telekom-Betreiber in ganz Europa zu beschneiden.
Darüber hinaus untergräbt Kommissar Bretons Umgang mit der Debatte über die Netzgebühren (auch bekannt als "fair share"), einschließlich seiner Missachtung öffentlicher Konsultation und Folgenabschätzung, die EU-Grundsätze der Transparenz, Integrität und Rechenschaftspflicht. Wir haben daher gemeinsam mit einer breiten Allianz von Stakeholdern, die Europäische Kommission aufgefordert, eine gründliche und umfassende Folgenabschätzung durchzuführen. Gegen den öffentlichen Widerstand von Regulierungsbehörden, Verbrauchern:innen, der Kreativbranche, öffentlichen und privaten Rundfunkveranstalter:innen, der Zivilgesellschaft und vieler Regierungen drängte Kommissar Breton auf eine gefährliche Regulierungsregelung, die die Netzneutralität untergraben würde und in anderen Regionen bereits gescheitert ist. Er und seine Mitarbeiter:innen hatten mehr Lobbytreffen zu diesem Thema mit der Telekom-Industrie als mit allen anderen Interessengruppen zusammen. Diese Vorgehensweise gefährdet nicht nur die Netzneutralität, sondern widerspricht auch den europäischen Standards für Beamtete und ist ein besorgniserregendes Beispiel für die Vereinnahmung durch die Industrie, die das Vertrauen in EU-Institutionen beschädigt.
Wir fordern daher alle Mitglieder des Europäischen Parlaments auf, diese Bedenken ernsthaft zu berücksichtigen, wenn sie über mögliche Wiederernennung von Kommissar Breton nach den EU-Wahlen im Juni 2024 entscheiden, und alle anderen neuen Kommissar:innen auf ihre Verbindungen zur Telekom-Industrie (und zu anderen Branchen) zu überprüfen.
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