Menschenrechts-NGO’s, Medien und Publizierende appellieren an die Gesetzgebung Defizite in der nationalen Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie zu reparieren

Am 13. Oktober endete die Begutachtungsfrist für den Entwurf des Bundesgesetzes, mit dem das Urheberrechtsgesetz, das Verwertungsgesellschaftengesetz 2016 und das KommAustria-Gesetz geändert werden sollen. Bereits in der Vorbegutachtung im Dezember 2020 äußerte epicenter.works massive Kritik, auf die bedauerlicherweise nur mit geringfügigen Verbesserungen im aktuell vorgelegten Entwurf reagiert wurde. Nun appelliert der Verein zusammen mit 23 Menschenrechtsorganisationen, Medien und Publizierenden in einem offenen Brief an die Gesetzgeber: Österreich sollte mit seiner nationalen Umsetzung im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben bleiben und Gefahren für die Informationsfreiheit, Medienvielfalt und für die Grundrechte von Nutzerinnen und Nutzern ausräumen. 

Uploadfilter führen zwangsläufig zu einer Gefahr für die Meinungsfreiheit, da manche legale Nutzungsformen durch automatisierte Filter nicht erkannt werden können (Overblocking). Die EU-Richtlinie macht deshalb die Vorgabe für Mitgliedsstaaten, dass legale Nutzungsformen geschützt bleiben sollen. Dem wird im Begutachtungsentwurf durch eine Bagatellgrenze Rechnung getragen. „Diese Bagatellgrenze ist das absolute Minimum zum europarechtlich vorgeschriebenen Schutz von legaler Meinungsäußerung und sollte erhalten bleiben.“, so Thomas Lohninger, Executive Director von epicenter.works.

In der österreichischen Umsetzung gibt es nun jedoch einen Konflikt zwischen der Bagatellgrenze und dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Dies sollte aber nicht der Fall sein, da es nicht das Ziel der Bagatellgrenze ist, die Vergütung für einzelne Inhalte zu verändern. Darüber hinaus sollten Uploadfilter nur bezüglich taxativ gelisteter geistiger Eigentumsrechte zur Anwendung kommen, das Leistungsschutzrecht zählt hier nicht dazu. Dieser Konflikt wäre durch eine saubere Umsetzung in Österreich vermeidbar.

Darüber hinaus steht ein Problem bezüglich der Verwertungsgesellschaftspflicht des Leistungsschutzrechts für Presseverleger in den Starlöchern. Die EU-Richtlinie sieht dieses neue geistige Eigentumsrecht klar als exklusives Recht von Presseverlagen, welches ihnen erlaubt selbst zu entscheiden, wie mit ihren Inhalten durch Nachrichtenaggregatoren umgegangen wird. Die österreichische Umsetzung erzwingt jedoch eine kollektive Rechtewahrnehmung und entmündigt damit einzelne Verlage in der Frage, wie ihre Inhalte monetarisiert werden sollen. Die Erfahrung anderer Länder zeigt, darunter würden vor allem kleinere Medien leiden und somit wäre der österreichische Sonderweg schlecht für die Pressefreiheit. Ein sinnvoller Kompromiss wäre es, wenn einzelne Verlage von der kollektiven Rechtewahrnehmung heraus optieren könnten, weil sie beispielsweise glauben selbst bessere Verhandlungsergebnisse mit den online Plattformen erzielen zu können oder ihnen die Reichweite für ihre Inhalte durch die Verbreitung von Aggregatoren wichtiger ist als deren Vergütung.

Die Unterzeichnenden des Briefs hoffen mit den darin aufgezeigten Lösungen dabei zu helfen, rechtliche Verpflichtungen Österreichs einzuhalten und den Schutz der Grundrechte zu erhöhen.

Unterstützer*innen des offenen Briefs

  • epicenter.works – Plattform Grundrechtspolitik
  • Moment Magazin
  • Wikimedia Österreich
  • Cultural Broadcast Archive
  • Creative Commons Österreich
  • Unsere Zeitung
  • The Global Player - Medium für Würde, Gerechtigkeit und Demokratie
  • Radio Orange 94.0 - das Freie Radio in Wien
  • Südwind-Magazin
  • Tagebuch Verlag
  • FORVM - Internationale Zeitschrift für kulturelle Freiheit, politische Gleichheit und solidarische Arbeit
  • Gerhard Oberschlick
  • Freies Radio Salzkammergut
  • Frauen*solidarität
  • Kontrast.at
  • Zeitschrift Lateinamerika Anders
  • an.schläge – das feministische Magazin
  • Context XXI - Verein für Kommunikation und Information
  • dérive - Zeitschrift für Stadtforschung
  • Verband Freier Rundfunk Österreich
  • Stimme - Zeitschrift der Initiative Minderheiten
  • Mosaik – Politik neu zusammensetzen
  • Radio FRO
  • Migrazine. Online Magazine von Migrantinnen für alle

Weiterführende Links & Informationen

Zum offenen Brief

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