Gemeinsam mit der Tageszeitung der Standard veröffentlicht epicenter.works heute Dokumente zum Thema Videoüberwachung in unseren Innenstädten. Noch diesen Herbst steht eine neuerliche Novellierung der Straßenverkehrsordnung ins Haus. Anlass dafür ist, dass eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden soll, um die Videoüberwachung sämtlicher Zu- und Ausfahrten in der Wiener Innenstadt zwecks Verkehrsberuhigung zu ermöglichen. Und das, obwohl bereits unter der ehemals rot-grünen Regierung der Hauptstadt ein fix-fertiges Konzept ausgearbeitet war, das ganz ohne Kameras ausgekommen wäre. Dieses Konzept hätte vor allem auf Maßnahmen der Parkraumbewirtschaftung gesetzt, um den ersten Bezirk von übermäßigem Autoverkehr zu befreien und insgesamt für seine Bewohner:innen und Besucher:innen lebenswerter und grüner zu machen. Einer Studie zufolge hätte man damit das Ziel sogar besser erreicht, als mit den nun drohenden Kameras. Und es wäre bei weitem kostengünstiger gewesen, ohne dabei in unsere Grundrechte einzugreifen. Dass es nicht umgesetzt wurde, verdanken wir allein dem persönlichen Einschreiten durch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, der offenbar dem grünen Koalitionspartner bei der Landtagswahl 2020 keinen Erfolg gönnen wollte. Nun wird Stadträtin Ulrike Sima vorgeschickt, um für die Überwachung des ersten Bezirks als angeblich alternativenlose Option mobil zu machen. Weitere Städte haben bereits Interesse an dieser Art von „Verkehrsberuhigung“ gemeldet.

Wieder einmal drängt sich die Frage auf: Worum geht es hier denn eigentlich wirklich? Aber der Reihe nach.

Das ursprüngliche Konzept

Im Jahr 2020 machte erstmals der Plan der damals rot-grünen Wiener Stadtregierung die Runde, in der Inneren Stadt verkehrsberuhigende Maßnahmen zu setzen. Auch gab es bereits ein vollkommen ausgearbeitetes Konzept inklusive Verordnung (und Erläuterungen) dafür. Dieses sah zusammengefasst vor, die Parkmöglichkeiten in der Innenstadt zu reduzieren – und damit auch das dortige Verkehrsaufkommen insgesamt. Damit wollte man die Lebensqualität für die Bewohner:innen der Innenstadt, aber auch für Tourist:innen und sonstige Besucher:innen erhöhen und einen Beitrag zum Schutz der Umwelt leisten.

Der Vorschlag hätte zudem etwa Taxis, Busse, Fiaker, Zulieferdienste, Autos der Anrainer:innen, Einsatzfahrzeuge, Fahrzeuge des öffentlichen und diplomatischen Dienstes von den Regelungen ausgenommen. Alle anderen Autofahrer:innen sollten die gebührenpflichtigen Parkhäuser in der Innenstadt nutzen.

Zur Umsetzung des Vorhabens hätte es bloß entsprechende Verkehrsschilder sowie Bodenmarkierungen gebraucht. Aufwand und Kosten wären also überschaubar gewesen: Insgesamt wären 18 Zufahrten mit jeweils zwei Stangen und vier Schildern (Fahrverbot und Zusatztafel), also 36 Stangen mit Schilderkombination, betroffen gewesen. Schätzungen zufolge hätten die  einmaligen Gesamtkosten ca. EUR 200.000,- betragen. Zur Überprüfung war vorgesehen, dass ein Planquadrat der Polizei die Einhaltung der Regeln einmal wöchentlich kontrolliert.

In einem Gutachten der Universität für Bodenkultur wurde der geplanten Maßnahme bescheinigt, zu einer Verkehrsberuhigung um 25% bis 90% zu führen. Und auch die verfassungsrechtlichen Aspekte wurden in einem Gutachten von Univ.Prof. Dr. Konrad Lachmayer analysiert. Insbesondere wurde darin auf allfällige Grundrechtseingriffe eingegangen und sämtliche Interessen wurden gegeneinander abgewogen. Grundrechtsverletzungen wurden im Gutachten verneint, etwa betreffend das Recht auf Privatsphäre oder Eigentum.

Und das ist vor dem Hintergrund des nun von Stadträtin Sima angetriebenen, neuen Konzepts mit den Kameras besonders pikant. Im Jahr 2020 jedoch stieß man sich seitens der Wiener SPÖ bereits daran, dass bei den vorgesehenen Kontrollen durch die Polizei etwa Lieferant:innen Lieferscheine zeigen müssten, aus denen etwa Daten der Empfänger:innen oder zu den jeweiligen Lieferungen ablesbar wären.

Schließlich schaltete sich Bürgermeister Michael Ludwig persönlich ein, damit die Verordnung nicht kundgemacht werden darf und vereitelte so die Pläne von Vizebürgermeisterin Birgit Hebein. Schließlich befand man sich ja vor den Landtagswahlen in Wien und wollte dem grünen Koalitionspartner, der federführend hinter dem Konzept stand, keinen Erfolg gönnen. Das Projekt war somit gestorben. Vorerst einmal.

„Verkehrsberuhigung“ 2.0

Ende 2021 ereilte uns die Nachricht, dass nun unter der rot-pinken Stadtregierung ein neuerliches Konzept betreffend Verkehrsberuhigung in der Wiener Innenstadt ausgearbeitet würde. Bei diesem tut sich vor allem SPÖ-Stadträtin Ulrike Sima als treibende Kraft hervor. Die Maßnahmen, die jetzt geplant werden, werden seitens der Stadtregierung als alternativlos präsentiert und als einzige Möglichkeit, die angestrebte Verkehrsberuhigung zu erreichen.

Worum geht es konkret? Es wird nun beabsichtigt, dass an 30 der insgesamt 36 Zu- und Ausfahrtsstraßen vom Ring in die Innenstadt Videokameras angebracht werden. Diese überwachen sodann sämtliche ein- und ausfahrenden Fahrzeuge, indem sie die Fotos mit Datenbanken auf das Bestehen einer Ausnahme abgleichen. Solche Ausnahmen können – wie bereits beim ersten Verordnungsentwurf – etwa Anrainer:innen, Gewerbetreibende, Zulieferdienste, Taxis, Busse, Einsatzfahrzeuge, Fiaker, etc. sein. Allen anderen Fahrzeugen soll die Durchfahrt durch die Innere Stadt immer noch für 30 Minuten gestattet bleiben. Wer unter keine dieser Ausnahmen fällt, kann sich immer noch im ersten Bezirk aufhalten, wenn das Auto in einer videoüberwachten Parkgarage abgestellt wird. In jedem anderen Fall wird automatisch gestraft. Im Mai haben wir uns gemeinsam mit Umweltschutz-NGOs kritisch zu den Plänen geäußert.

Ganz so einfach kann das Vorhaben aber nicht umgesetzt werden: Es braucht dazu eine gesetzliche Grundlage, die erst geschaffen werden muss. Deshalb soll noch diesen Herbst die StVO novelliert werden. Wenn das aber einmal geschehen ist, ist es natürlich nur eine Frage der Zeit, ehe weitere Städte gleiche oder ähnliche Konzepte einführen. Erste Interessenten gibt es bereits in Salzburg, Wels und Graz.

Eklatante Gefahr für unsere Privatsphäre

In einer ersten Reaktion im Frühling haben wir uns bereits vehement gegen die Videoüberwachung der Wiener Innenstadt ausgesprochen. Dabei haben wir besonders darauf hingewiesen, dass der erste Bezirk der Hotspot schlechthin für Demonstrationen und Kundgebungen aller Art ist. Schließlich befinden sich dort die meisten Regierungsgebäude. Videokameras würden zwangsweise auch das Umfeld der ein- und ausfahrenden Fahrzeuge mitfilmen – und damit auch jede:n Einzelne:n von uns, der/die sich im Blickfeld einer Kamera befindet. Und das wäre bei Betreten oder Verlassen der Innenstadt der Fall.

Auch das „Verpixeln“ der Aufnahmen würde daran wohl nichts ändern. Allein das Wissen, dass man sich in einem videoüberwachten Bereich befindet, würde unweigerlich zu einer Veränderung des Verhaltens jeder und jedes Einzelnen führen. Und das hätte gravierende Auswirkungen etwa auf Teilnehmer:innen an Demonstrationen am Ring oder in dessen Nähe – man würde sich die Teilnahme zweimal überlegen, wenn man gefilmt wird. Das aber würde unweigerlich zu einem „Chilling-Effect“ führen, zu eklatant negativen Auswirkungen auf unser Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Außerdem gibt es nach wie vor die von uns schon viel kritisierte Bestimmung des § 53 Abs. 5 SPG, der im Jahr 2018 unter Türkis-Blau eingeführt wurde. Auf seine Gefährlichkeit haben wir schon damals nachdrücklich hingewiesen. Die Gefahr für unsere Grundrechte durch die Existenz dieser Gesetzesbestimmung in Kombination mit Überwachungskameras an so gut wie jeder einzelnen Zufahrtsstraße in den ersten Bezirk wäre mit Einführung der Videoüberwachung real.

Weiters ist die Kluft zwischen den Kosten und dem Nutzen der nunmehrigen „Idee“ hervorzuheben: Man erwartet sich eine Verkehrsreduktion um 14%. Das ist nur die Hälfte von dem, was mit einfachen Schildern und Bodenmarkierungen, sowie einer Umwidmung vieler Parkplätze und Durchfahrtsstraßen erreicht worden wäre! Und es ist wohl nicht schwer zu erkennen, dass auch die finanziellen Kosten für die Videoüberwachung bei der Anschaffung und weiteren Wartung um eine Vielfaches höher sind, als sie es beim ursprünglichen Konzept gewesen wären. Konkret soll das Projekt Wiener Steuergeld in der Höhe von 18,6 Millionen Euro in der Anschaffung und 2,4 Millionen Euro pro Jahr kosten. Diese Zahlen basieren auf einem früheren Leak aus dem Projektleitungsgremium der Stadt Wien, an dem wir gemeinsam mit ORF Wien (Videolink: youtube) gearbeitet haben.

Ein weiteres Gutachten...

Immerhin gab Ministerin Gewessler gemeinsam mit dem Städtebund, der die Maßnahme der Videoüberwachung befürwortet, nach all den negativen Reaktionen auf den Vorschlag ein Gutachten bei Univ.Prof. Dr. Nikolaus Forgó in Auftrag. Damit sollten rechtliche Bedenken untersucht werden. Jedoch muss man festhalten, dass dieses Gutachten auf sehr konkret gestellte Fragen beschränkt ist, die ganz offenbar den Zweck haben, die Videoüberwachung zu rechtfertigen.

Dabei lässt es aber grundrechtliche Aspekte fast komplett außer Acht. Die Abwägung, ob es sich bei der Videoüberwachung um die geeignetste und am wenigsten in die Grundrechte eingreifende Maßnahme handelt, die immer noch zum gewünschten Ziel führt, wird nur am Rand gestreift. Alternativen zur Videoüberwachung werden gar nicht behandelt.

Erst ganz am Ende wird auf die grundrechtliche Situation eingegangen. Allerdings werden dabei nur diverse Argumente aus der juristischen Literatur und Rechtsprechung aneinandergereiht. Eine Güterabwägung und entsprechende Schlussfolgerung sucht mach vergeblich.

Dabei sind manche der ausgewählten Zitate im konkreten Kontext etwas kurios. So wird eine Entscheidung der Datenschutzbehörde zu Parkgaragen wie folgt zitiert:

„Nach der DSB ist die Verhältnismäßigkeit nicht schon allein deshalb zu verneinen, weil grundsätzlich Alternativen denkbar sind, welche mit einem geringeren Eingriff in das Grundrecht auf Geheimhaltung verbunden wären, insbesondere wenn diese Alternativen mit höheren Kosten und einer geringeren Effizienz verbunden sind.“ (Seite 43f)

Im konkreten Fall von Zu- und Ausfahrt durch dicht besiedeltes Gebiet mit Regierungsgebäuden, Demonstrationen, Passant:innen und Radfahrer:innen zeigt sich aber deutlich, dass gelindere Mittel vorliegen würden und diese auch noch billiger wären. Beispielsweise der erste, bereits fix-fertig ausgearbeitete Verordnungsentwurf von Ex-Vizebürgermeisterin Hebein. Dessen Existenz wird in der aktuellen Debatte aber einfach in Abrede gestellt.

Genau das ist aber der springende Punkt im Vergleich der beiden Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung: Die ursprüngliche Variante ist – entgegen der von Prof. Forgó zusammengetragenen Argumente – wohl klar grundrechtsschonender und auch kostengünstiger! All diese Argumente zusammen sprechen eindeutig gegen die Verhältnismäßigkeit der Videoüberwachung.

Es ist vor diesem Hintergrund schon sehr eigenartig, dass man das Konzept aus dem Jahr 2020 mitsamt dem juristischen Gutachten von Univ.Prof. Dr. Lachmayer, das im Detail auf die Konformität mit den Grundrechtsanforderungen eingeht und keine Verletzungen bzw. Unverhältnismäßigkeit festgestellt hat, einfach „abgeschossen“ hat und vergessen wollte.

...das mehr Fragen aufwirft:

Doch das ist noch nicht alles: Bereits in der Einleitung wird im Forgó-Gutachten ausgeführt, dass Straßenverkehrsunfälle in der Inneren Stadt sowie das Missachten der StVO durch die Verkehrsteilnehmer:innen der Grund dafür sind, unberechtigte Einfahrten in die Innenstadt zu erfassen. Dabei werden aber keine Unfallszahlen oder ähnliches genannt. Außerdem ist es auch nicht logisch nachvollziehbar, dass sich jemand, der oder die bei der Einfahrt kontrolliert wird, automatisch auch beim Durchqueren des ersten Bezirks immer an alle Verkehrsregeln hält. So etwas würde nur dann Sinn machen, wenn man durch die Kontrolle bei der Einfahrt auch gleich Daten auf Vorrat sammeln möchte für alle möglichen später auftretenden Verkehrsdelikte. Also Daten von potenziell Verdächtigen, die sich bei der Einfahrt jedoch noch nichts zu Schulden kommen haben lassen.

Auch wird im Gutachten die Möglichkeit hervorgehoben, dass mit der Videoüberwachung etwa das Fahren ohne Gurt, ein übervolles Auto, unzureichende Kindersicherung, Telefonieren ohne Freisprechanlage oder das Nichttragen eines Schutzhelms bei Motorrädern geahndet werden könnten. Eine klare Absage an diese Ausweitung der Videoüberwachung für neue Zwecke sucht man im Gutachten von Prof. Forgó vergebens.

Auch die Argumente des Umweltschutzes und der Verkehrsberuhigung mitsamt der Reduktion von Lärm und einer verbesserten Luftqualität fließen erst allmählich in das Gutachten ein. Der aktuelle Vorschlag entfernt sich damit also auch von jenen Argumenten, die beim Vorstoß im Jahr 2020 noch zentral waren. Was die eigentliche Zielsetzung der Videoüberwachung sein soll und worin das viel zitierte „öffentliche Interesse“ am Ergreifen dieser drastischen Maßnahmen bestehen soll, ist im Gutachten alles andere als klar formuliert.

Ganz eindeutig aber ist zu erkennen, dass das Gutachten durch die zu Beginn genannten Fragen den Rahmen abarbeitet, der durch den:die Auftraggeber:innen vorgegeben war: nämlich ausschließlich die datenschutzrechtlichen Implikationen der Videoüberwachung der Zu- und Ausfahrten in den bzw. aus dem ersten Wiener Gemeindebezirk. Es geht also um ein bereits beschlossenes Projekt, das umgesetzt werden soll – mit dem Gutachten soll es nur noch auf seine Vereinbarkeit mit dem Datenschutz abgeklopft werden. Eine ergebnisoffene Analyse diverser Möglichkeiten zur Verkehrsberuhigung wird nicht vorgenommen, ebenso wenig eine Suche nach der kostengünstigsten, effizientesten und am wenigsten in die Grundrechte eingreifenden Maßnahme.

Auch wenn dem Gutachten wohl durchaus Bewusstsein dafür zugrundeliegen mag, dass manche Aspekte der geplanten Videoüberwachung in der Innenstadt nicht unproblematisch sind – wie etwa die Notwendigkeit des sofortigen Löschens überschießender Daten (Abschnitt 3.14.) oder der „Verpixelung“ weiterer Kennzeichen und Gesichter, um ein Gefühl der Überwachung zu vermeiden – werden trotzdem Alternativen nicht weiter bedacht.

Auch Bedenken bezüglich § 53 Abs. 5 SPG wurden – auftragsgemäß, denn eine der Fragen bezieht sich ausdrücklich auf diese Bestimmung – analysiert und die Bestimmung als wohl verfassungswidrig eingestuft (Seite 37f). Eine Meinung, die auch epicenter.works in der politischen Diskussion vor der Verabschiedung des Überwachungspakets lautstark vertreten hat. Dennoch ändert dies nichts daran, dass eine reale Gefahr besteht, dass diese Bestimmung auch auf die Aufnahmen angewandt wird, die von den Kameras im ersten Bezirk aufgenommen werden. Der Verweis im Gutachten, man müsse die überschießenden Daten einfach schnell genug löschen, um der Herausgabepflicht zuvorzukommen (Seite 38, letzter Absatz), ist jedenfalls keine überzeugende Lösung des Problems. Ebenso fehlen konkrete Angaben über Speicherdauer – Handelt es sich um Sekunden, Tage, Wochen? –, technische Absicherungen, Zulässigkeit zentralisierter Vernetzung aller Kameras und darüber, an welcher Stelle im System überschüssige Daten von Passant:innen, Radfahrer:innen und legalen Durchfahrten gelöscht werden müssen. Auch werden im Gutachten einerseits Kameras auf Kniehöhe vorgeschlagen, die bloß die Kennzeichen der Autos filmen würden, andererseits wird ein Bild des Lenkers als notwendig erachtet, was mit dem Vorschlag wohl nicht vereinbar ist. Sogar eine zentrale Speicherung der Daten wird im Gutachten nicht ausgeschlossen.

Technische Datenschutzmaßnahmen werden zwar abstrakt als notwendig erachtet, konkret ausformuliert werden diese in weiterer Folge aber nicht. Dadurch wäre bei der Anwendung in der Mehrzahl der österreichischen Städte und Gemeinden kein einheitliches Datenschutzniveau zu erwarten. Ebenso wird die Notwendigkeit einer Datenschutzfolgenabschätzung bejaht, wobei dies in einem Literaturzitat damit begründet wird, dass derartige Eingriffe, wie die geplante Videoüberwachung, auf der „Blacklist“ der DSFA-VO stünden und daher auch von der Datenschutzbehörde gefordert (Seite 29) würden. Also wohl notwendig, weil es halt nicht anders geht.

Bereits diese nur auszugsweise angeführten Punkte im Gutachten zeigen, wie gravierend die Maßnahmen für unsere Privatsphäre sind: Blacklist, Damoklesschwert der Anwendung einer höchst umstrittenen Gesetzesbestimmung, etc. Umso absurder aber ist es, dass eine Güterabwägung im Sinne des Findens von weniger stark eingreifenden Maßnahmen vermieden wird. Würde man eine solche ernsthaft vornehmen, so müsste die Stadtregierung einräumen, dass die Videoüberwachung eben nicht alternativenlos ist, so wie es jetzt präsentiert wird. Dies insbesondere, da es ja schon einen fertig ausgearbeiteten Entwurf gibt, der zu Verkehrsberuhigung in doppelt so hohem Ausmaß führt, wie die Videoüberwachung es könnte, und zudem kostengünstiger und grundrechtskonformer ist. Da dies aber bislang nicht geschehen ist, muss man sich ernsthaft fragen, was denn die wahren Absichten hinter den Kameras in der Wiener Innenstadt sind.

Was passiert jetzt?

Ministerin Leonore Gewessler von den Grünen, die auch für Verkehr zuständig ist, hat es in der Hand, ob Videoüberwachung in unsere Innenstädte Einzug halten wird. Von ihr müsste eine StVO-Novelle kommen, mit der solche Systeme erst legalisiert werden. Der Staat darf aber nur in Grundrechte eingreifen, wenn es keine geeigneten gelinderen Mittel gibt. Solche liegen bei diesem Thema jedoch vor: Die datenschutzfreundliche Variante wäre besser geeignet, Verkehr zu reduzieren und noch dazu viel billiger. Das sollte für eine Ökopartei, der Datenschutz wichtig ist, eine einfache Entscheidung sein.

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