Das Urheberrecht ist dafür da, einen Interessensausgleich zwischen Kreativen, Verwertern und der Gesellschaft herzustellen. Es muss schon seit langem an das Internetzeitalter angepasst werden. Darüber gibt es keinen Zweifel. Doch die geplante Reform der EU-Urheberrechtsrichtlinie bringt keine angemessene Modernisierung dieses Interessensausgleichs, sondern beschädigt das Internet selbst.

 

Das Urheberrecht ist dafür da, einen Interessensausgleich zwischen Kreativen, Verwertern und der Gesellschaft herzustellen. Es muss schon seit langem an das Internetzeitalter angepasst werden. Darüber gibt es keinen Zweifel. Doch die geplante Reform der EU-Urheberrechtsrichtlinie bringt keine angemessene Modernisierung dieses Interessensausgleichs, sondern beschädigt das Internet selbst.

Das sieht auch Tim Berners-Lee (der Erfinder des World Wide Web) so. Gemeinsam mit Wikipedia-Mitbegründer Jimmy Wales und vielen anderen warnt er in einem offenen Brief, dass die in der Richtlinie geplanten Uploadfilter das Netz"von einer offenen Plattform für Sharing und Innovation zu einem Werkzeug für die automatisierte Überwachung und Kontrolle seiner Benutzer" verwandeln. Auch David Kaye, der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit meldet sich mit massiven Bedenken zu Wort. Am 20. Juni wird im Justizausschuss des EU-Parlaments über diesen Vorschlag abgestimmt. Derzeit sieht es nach einer knappen Mehrheit für die Zensurmaschinen aus.Du hast es in der Hand, deine Abgeordneten zu überzeugen, gegen diese Regelung zu stimmen! 

Am effektivsten ist es immer, die Abgeordneten telefonisch zu kontaktieren. Über öffentliche Twitter- und Facebook-Kommentare kannst du auch gut Druck aufbauen. E-Mails sind leider der ineffizienteste Weg, da diese oft ungelesen weggefiltert werden. Eine Liste der wichtigsten Personen, die kontaktiert werden sollten, findest du >>hier.

Uploadfilter: Zensurmaschine und Bremse für die Verbreitung von Wissen (Artikel 13 des EU-Vorschlags)

Der kritischste Teil des Gesetzes ist eine Verpflichtung für Betreiber von Internetplattformen, Inhalte, die von Nutzerinnen und Nutzern hochgeladen werden, automatisiert einer Vorabkontrolle zu unterziehen. Diese Uploadfilter sind gefährliche Zensurmaschinen, die jederzeit für das Filtern unliebsamer Inhalte eingesetzt werden können. Außerdem ist jede automatisierte Inhaltserkennung fehlerbehaftet, vor allem kann man ihr kaum beibringen, dass sie legale Zitate oder Parodien nicht sperrt. Das macht es schwieriger, Wissen und Kunst zu verbreiten. 

Wikipedia wurde bislang ein einziges Mal aufgefordert, solche Uploadfilter einzuführen – von der chinesischen Regierung. Damals hat sich Wikipedia geweigert und ist heute in China gesperrt. Nun will die EU genau solche Zensurfilter einführen. Noch bevor das Gesetz beschlossen ist, fordern der deutsche und französische Innenminister bereits die Filterung anderer Inhalte (etwa Terrorpropaganda). Das Problem dabei: Sobald eine solche Zensurinfrastruktur einmal etabliert ist, lässt sie sich leicht auf alle möglichen Inhalte ausdehnen. Die EU-Abgeordnete Julia Reda schreibt:

Aktuell sieht es so aus, als gäbe es eine hauchdünne Mehrheit für den „Zensurmaschinen“-Paragraphen Artikel 13.

Daher ist es besonders wichtig, dass du heute noch deine EU-Abgeordneten kontaktierst, damit sie dagegen auftreten. Das geht ganz einfach auf der Plattform >> SaveYourInternet.eu <<

Quelle: Julia Reda

Leistungsschutzrecht: Beschränkt den Zugang zu Wissen (Artikel 11 des EU-Vorschlags)

Es gibt noch weitere problematische Vorschläge in diesem Gesetz. In Artikel 11 soll das Leistungsschutzrecht für Presseverleger geregelt werden. Hier geht es im Kern darum, dass das Zitieren und Verlinken von Artikeln im Netz erschwert werden soll. Übernimmst du (oder eine automatische Vorschaufunktion, wie sie Google, Facebook und Co. verwenden) ein kleines Zitat aus den Presseartikeln von Verlagen, soll zukünftig dafür Geld verlangt werden können. Das ist eine massive Einschränkung der Art und Weise, wie wir Nachrichten online teilen und konsumieren können. Hinter dieser Forderung stehen große Medienhäuser, die damit ihr Geschäft retten wollen. Wir wissen aber aus Spanien und Deutschland, wo so ein Leistungsschutzrecht eingeführt wurde, dass das nicht funktionierte und weder die Verlage Geld bekamen, noch Google damit geschwächt wurde. Im Gegenteil: Ohne die Voransicht werden die Links zu den Artikeln weniger geklickt. Wenn Google (oder eine andere Suchmaschine) nicht bezahlen will und die Angebote aus seinem Index nimmt, werden vor allem kleine, alternative Angebote gar nicht mehr gefunden. Das ist ein Angriff auf die Meinungsvielfalt. Wir haben dazu schon im Februar einen ausführlichen Artikel gepostet.

Werde dagegen aktiv! Die Plattform >> SaveTheLink << bietet gute Möglichkeiten dafür.

Einschränkung beim Text- und Datamining verhindert die Verarbeitung von Wissen (Artikel 3 des EU-Vorschlags)

Ein dritter Kritikpunkt betrifft die automatisierte Verarbeitung von Wissen in Form von Text- und Datamining. Auch diese soll beschränkt werden, indem ein komplett neues Recht an bisher frei verarbeitbaren Daten geschaffen wird. Kommerzielle Anbieter, die solche Methoden einsetzen, müssten dem Vorschlag zufolge die Genehmigung von Verlagen und anderen Rechteinhabern einholen und dafür Lizenzgebühren bezahlen. Die automatisierte Verarbeitung von Informationen, die an sich frei und offen verfügbar sind, wird damit erschwert. Das trifft vor allem innovative Unternehmen aus Europa, die im Wettbewerb gegenüber Firmen aus anderen Teilen der Welt das Nachsehen haben, da diese Art der Forschung dort weiterhin ohne Einschränkungen möglich ist.

Internet ist die Basis einer modernen Gesellschaft und Wirtschaft

In ihren Sonntagsreden betonen Politikerinnen und Politiker immer, wie wichtig die Digitalisierung sei. Mit ihren Reaktionen auf die geänderten Rahmenbedingen erreichen sie aber das Gegenteil. Wenn wir die Digitalisierung wirklich als Chance begreifen, können wir nicht die Grundprinzipien eines freien und offenen Netzes zerstören. Wir haben über dieses und andere Themen kürzlich im Podcast "Logbuch Netzpolitik" diskutiert.

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